Schlagwort: CO2-Ausstoß

  • Prof. Achim Grefenstein über recyclingfähige Hochbarriere-Verbunde für Lebensmittelverpackungen

    Prof. Achim Grefenstein über recyclingfähige Hochbarriere-Verbunde für Lebensmittelverpackungen

    Das Inno-Meeting gilt als deutschsprachiger Branchentreff für Entscheider der Flexpack-Industrie. Was versprechen Sie sich persönlich von Ihrem Beitrag?

    Es ist eine gute Gelegenheit, ein breiteres Fachpublikum darüber zu informieren, dass es mitterweile möglich ist, auch Hochbarriereverpackungen für die Kreislaufwirtschaft herzustellen. Polyethylen ist dafür das optimale Material.

    Der Themenschwerpunkt beim diesjährigen Inno-Meeting liegt auf „Handeln“. Anders ausgedrückt: Zeit zum Umdenken. Was fällt Ihnen spontan zu diesem Thema – bezogen auf Verpackungen und Verbraucheranforderungen – ein?

    Das Thema der Umweltbelastung, z. B. Marine Littering durch Verpackungen, beschäftigt zu Recht eine große Zahl an Konsumenten. Für die Verpackungshersteller ist dies eine große Verantwortung, durch aktives Handeln umweltfreundlichere Verpackungen zu entwickeln und in den Verkehr zu bringen.

    Wie bringt Ihr Unternehmen Handeln nach Ihrer Definition zum Ausdruck?

    Erstens durch unsere öffentlich kommunizierte Absicht, unser gesamtes Produktportfolio bis 2025 durch recyclingfähige Alternativen ersetzen zu können, was umfassende R&D-Aktivitäten in den nächsten Jahren erfordern wird. Zweitens dadurch, dass Constantia Flexibles kürzlich in Indien die weltweit erste Fabrik eröffnet hat, die ganz auf die Herstellung neuer recyclingfähiger Verpackungen ausgelegt ist.

    Ihr Thema lautet „Recyclingfähige Hochbarriere-Verbunde für Lebensmittelverpackungen“. Was wird Ihre Kernaussage sein, und wo sehen Sie für den Zuhörer in erster Linie den Nutzen?

    Es gibt keine Alternative zu einer Kreislaufwirtschaft auch im Bereich Verpackungen. Die anerkannt gute Ressourceneffizienz (Stichwort Klimawandel) von Kunststoffverpackungen steht mittlerweile nicht mehr im Widerspruch zu einem hochwertigen Recycling von mehrlagigen Barriereverpackungen. Kunststoffverpackungen sind damit auch in Zukunft ein wesentlicher Teil der Lösung aktueller Umweltprobleme im Bereich Verpackung.

    Warum hat Constantia Flexibles in Pirk ein neues Forschungs- und Entwicklungszentrum aufgebaut?

    Neben der traditionellen Stärke bei der Entwicklung von aluminiumhaltigen Verpackungen hat Constantia Flexibles durch die Bündelung und Verstärkung unserer R&D-Aktivitäten auch im Bereich Kunststoff eine bei Kunden und Lieferanten geschätzte umfassende Expertise aufgebaut.

    Was entwickeln Sie und Ihre Kollegen in Ihrem Forschungszentrum?

    Wir testen neue Rohstoffe und Verarbeitungskonzepte und entwickeln daraus nachhaltige Laminatstrukturen für unterschiedlichste Anwendungen in den Bereichen Consumer- und Pharma-Packaging in enger Zusammenarbeit mit Kunden, Lieferanten und sonstigen Technologiepartnern.

    Wie wollen Sie Barrierefolien recycelfähiger machen? Ist das nicht ein Widerspruch in sich, da man immer unterschiedliche Materialien brauchen wird, die schwer zu recyceln sind?

    Bei unserer neuen Produktlinie „EcoLam“ haben wir neben Polyethylen nur die minimal nötigen Barriereschichten eingesetzt, die zudem mit PE kompatibel sind. Die Recyclingfähigkeit unserer Einstoffverbunde wurde u. a. von unabhängigen Instituten im Rahmen der Recyclass-Initiative der europäischen Kunststoffrecycler nachgewiesen.

    Welche Anstrengungen muss die Verpackungsindustrie unternehmen, um dem Plastik-Bashing entgegen zu wirken?

    Wir haben uns im Rahmen von Wertschöpfungsketten übergreifenden Projekten wie CEFLEX (Circular Economy in Flexible Packaging) in Zusammenarbeit mit Herstellern von Verpackungen, Markenartikeln, Rohstoffen und Recyclingunternehmen auf Mindeststandards zur Recyclingfähigkeit geeinigt. Diese sind mittlerweile so oder sehr ähnlich auch in die nationalen Standards übernommen worden. Diesen Weg muss unsere Industrie weitergehen. Nur wenn wir trotz aller Einzelinteressen mit einer Stimme sprechen, welche auch die physikalischen und naturwissenschaftlichen Realitäten berücksichtigt, können wir letztlich auch den Konsumenten sinnvolle Lösungen vermitteln.

    Wie schätzen Sie persönlich die Zukunft von Kunststoffverpackungen ein?

    Entgegen der landläufigen Meinung vieler Konsumenten, sehe ich die Kunststoffverpackung als großen Teil der Lösung an, wenn wir konsequent auf Recycling setzen und uns nicht in Nischenanwendungen wie bioabbaubaren Polymeren verzetteln. Diese bauen nämlich meist nicht in der Umwelt oder gar im Meer ab und emittieren bei dem Abbau die Treibhausgase CO2 oder Methan.

    Papier hat von Hause aus keine guten Barriereeigenschaften, um Lebensmittel vor dem Verderb zu schützen. Zusätzliche Barriereschichten können schnell auch das klassische Papierrecycling stören. Die Papierindustrie hat bei der Definition des richtigen „Design for Recycling“ sicher noch einige Hausaufgaben zu machen. In der näheren Zukunft kann ich mir mit Papier bestenfalls mittlere Barrierewerte vorstellen. Zudem ist bei vielen Anwendungen die Dicke und damit auch der CO2-Ausstoß pro m² Verpackung höher als mit Kunststoff.

    Unsere Teilnehmer möchten die Referenten auch gern persönlich besser kennenlernen. Deshalb noch eine letzte Frage: Wofür begeistern Sie sich neben Ihren beruflichen Aufgaben besonders?

    Ich gehe sehr gern mit meiner Familie in der Natur wandern oder treibe Sport, wie zum Beispiel Tennis.

    Professor Dr.-Ing. Achim Grefenstein, geboren 1965, studierte an der RWTH Aachen Maschinenbau Fachrichtung Kunststofftechnik. Von 1990 bis 1996 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter und später Abteilungsleiter „Extrusion/Weiterverarbeitung“ am Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV), wo er 1994 promovierte und 1998 im Bereich Kunststoffaufbereitung habilitierte und bis heute die Vorlesung „Kunststoffaufbereitung und Recycling“ unterrichtet.

    Von 1996 bis 2004 war er bei der BASF AG, Ludwigshafen, zunächst in der Anwendungstechnik Thermoplaste, später in der Geschäftseinheit Styrolpolymere als Projekt- und Teamleiter tätig. Gemeinsam mit seinem konzernübergreifenden Team entwickelte er neue Folientechnologien für KFZ-Karosseriebauteile aus Kunststoff und führte diese, gemeinsam mit Partnern aus der Extrusions-, Spritzgieß- und Automobilindustrie, in den Markt ein.

    Von 2004 bis 2013 war er als Director Corporate R&D für die gesamten Entwicklungsaktivitäten, das Patentwesen und die Markteinführung neuer Produkte der RKW SE, Frankenthal verantwortlich. Als europäischer Marktführer im Bereich flexible Folien produziert RKW Folien, Compounds und Vliestoffe für diverse Märkte, wie Hygiene & Medical, Verpackung, Bau und Agrar. Ab Oktober 2011 war er zusätzlich als Produktmanager auch kommerziell für das Etikettenfoliengeschäft der RKW-Gruppe zuständig.

    Seit 2013 ist er als Senior Vice President Group R&D bei Constantia Flexibles GmbH, Wien für die weltweiten Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten der beiden Geschäftsbereiche Consumer und Pharma-Packaging (bis zum Verkauf in 2017 auch Labels) und das Patentwesen verantwortlich.  

    Für die Industrievereinigung Kunststoffverpackungen (IK) e.V., Bad Homburg leitet er seit 2016 die Experten-Arbeitskreis zum Thema Bioplastics.


  • Dr. Jan-Torsten Vollmer über Recyclingfähigkeit – Eine Chance für PE- und PP-Folienverpackungen?!

    Dr. Jan-Torsten Vollmer über Recyclingfähigkeit – Eine Chance für PE- und PP-Folienverpackungen?!

    Das Inno-Meeting gilt mittlerweile als deutschsprachiger Branchentreff für Entscheider der Flexpack-Industrie. Was versprechen Sie sich persönlich von einem Beitrag zu dieser Veranstaltung?

    Genau DAS Forum zu nutzen, um interessante Informationen auszutauschen. Ich war in der Vergangenheit immer begeisterter Zuhörer bei diversen Inno-Meetings von Vorträgen direkt aus der Flexpack Industrie, aber auch aus ferneren Bereichen. Hier sehe ich die Chance für mich, einen kleinen Baustein beizutragen.

    Woran denken Sie bei unserem diesjährigen Fokus Neustart?

    Interessante neue Ansätze aus unterschiedlichen Bereichen, aber auch Denkanstöße für den Neustart bei eigentlich „alten Bekannten“.

    Ihr Thema lautet “Recyclingfähigkeit – Eine Chance für PE- und PP-Folienverpackungen?!” Was wird Ihre Kernaussage sein und wo sehen Sie für den Zuhörer in erster Linie den Nutzen?

    Ich möchte in meinem Vortrag Möglichkeiten von Polyolefinstrukturen aufzeigen, die es vielleicht ermöglichen, heutige neue, geänderte Marktforderungen erfüllen zu können. Dabei möchte ich nicht nur neue, sondern auch wohl bekannte Strukturen zeigen, die vielleicht dadurch zu anderen Anwendungen führen könnten. Ferner versuche ich, mit einigen „Grenzen“ aufzuräumen, die man vielleicht von bestehenden Folienarten wie der CPP Folie hat – wohlwissend, dass es super bestehende Systeme gibt, die nicht ohne Einschränkung zu ersetzen sind.

    Aufgrund der neuen Verpackungsordnung kommen immer mehr Monofolien zum Einsatz, um die Recyclingfähigkeit von Verpackungen zu gewährleisten. Wo liegt das Problem beim Recycling von PE-und PP-Folienverpackungen? Welche Voraussetzungen müssen erfüllt werden? 

    Da in der flexiblen Verpackung hauptsächlich bedruckte Verpackungen zum Einsatz kommen, ist die Suche nach einer sinnvollen Nutzung des entstehenden Recyclates von großer Bedeutung. Es ist schön, wenn man etwas recycelfähig anpreist, aber kann man es auch später wirklich in den Kreis zurückführen?

    Hier sind viele Arbeiten noch zu leisten wie

    • Foodcontact?
    • Direkter Nutzen in derselben Anwendung
    • Nutzen in „technischen Anwendungen“
    • Neue Aufarbeitungswege, um sortenreiner und „farbloser“ zu werden
    • Erwartungshaltungen an die „neue Verpackung“

    Auch in diesen Entwicklungen müssen wir als Industrie eine Lernkurve durchlaufen und können nicht erwarten, dass von heute an Alternativen so gut sind wie etwas, das schon seit Jahrzehnten optimiert wurde.

    Welche Konsequenzen kann ein Zurückdrängen oder sogar Verbot von bestimmten Verpackungen für die breite Masse und sogar für unsere Industrie haben?

    Eine Konsequenz wird sicherlich sein, den positiven Nutzen von flexibler Verpackung (leichter, ressourcenschonender Einsatz) durch andere Verpackungen nicht mehr in dem Ausmaß vorzufinden. Es ist der fragliche Nutzen von Verboten, die auf öffentlichen Druck entstehen und bei denen man vielleicht nicht den gesamtökonomischen und -ökologischen Effekt betrachtet – mehr CO2-Ausstoß durch Transport und Herstellung und dabei keinen nennenswerten Effekt auf den pazifischen Müllstrudel. Wir sollen als Industrie mehr „Werbung“ für uns machen, denn die Aussage meines kleinen Neffen, der mir sagte, dass Plastikverpackungen schlecht sind, kann man nicht mit komplexen Präsentationen und Daten entkräften.

    Wie schätzen Sie persönlich die Zukunft von Kunststoffverpackungen ein? Muss das Rad zurückgedreht werden? Arbeiten Sie an alternativen Systemen?

    Ich glaube an die flexible Verpackung und den Nutzen von Kunststofffolien. Wir werden uns nicht „abschaffen“, alternative System sind in meinem Unternehmen nicht im Focus. Wir sehen die Chance in „neuen“ flexiblen Folienlösungen, die den Vorteil in einer Gesamtbetrachtung unterstreichen.
    Die flexible Verpackung ist ein wesentlicher Baustein für ressourcenschonenden Umgang und funktionaler Performance. Wie sollen wir denn sonst unsere Produkte und Lebensmittel sicher, sauber und funktionierend an den Endverbraucher bringen?

    Und dann noch eine private Frage: Was begeistert Sie außer Ihrem Beruf sonst noch?

    Durch die glückliche Arbeits-/Wohnortssituation nutze ich die Berge vor meiner Haustür – Wandern und Mountainbike im Sommer – Skifahren im Winter.
    Für unterwegs habe ich mein altes Steckenpferd „Geschichte“.

    Dr. Jan-Torsten Vollmer wurde am 16.07.1966 geboren und wuchs in Ostfriesland auf. Er studierte Diplom-Chemie in Göttingen, wo er 1995 auch in Physikalischer Chemie mit einer Arbeit im Bereich Gasphasenkinetik den Dr. rer. nat. erlangte. Im Jahr 1997, in einer Phase, in der man keine Chemiker brauchte, machte er einen Abstecher über das Ruhrgebiet ins Allgäu in die Welt der flexiblen Verpackungsindustrie. Für dreieinhalb Jahre startete er in der Entwicklung bei 4P Verpackungen (heute Huhtamaki Ronsberg). Es folgten 4 Jahre Tätigkeit als Technical Market Manager (Anwendungstechniker) und Key Region Manager (NAFTA) für Pasten-PVC bei Vinnolit/Burghausen.

    Nach 2 Jahren Sales bei Huhtamaki Ronsberg (Confectionary) führte ihn 2006 der Weg zurück in die Entwicklung/Anwendungstechnik  zur Unterland Flexible Packaging (heute Coveris Kufstein), wo nach anfänglicher Kaschierfolien-Anwendungstechnik (CPP/PE) die Leitung der RD&A folgte. Im November 2016 übernahm er die Funktion des BU Extrusion Manger der BU-Food&Consumer EMEA, in der er sich seither um Extrusionsthemen (Rohstoffe/Rezepturen/Prozess) an den Extrusionstandorten der Coveris befasst.