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  • Wir müssen handeln:  Nachbericht zum 18. Inno-Meeting

    Wir müssen handeln: Nachbericht zum 18. Inno-Meeting

    Das Raumschiff Erde ist vom Nachschub abgeschnitten. Die Menschheit verbraucht mehr Ressourcen, als ihr zur Verfügung stehen. Rohstoffknappheit, Entsorgungsströme, der Umgang mit Wertstoffen, Umweltschutz, der Verbrauch zu vieler Erden – diese Schlagwörter bestimmen die Berichterstattung in den öffentlichen Medien.

    Die Verpackungsbranche steht unter medialem Beschuss: die Konsumentenwahrnehmung wird fehlgeleitet, und Kunststoffverpackungen sind böse. „Aber wie kann eine in Hochhäusern gestapelte Menschheit ernährt werden, wenn es keine Verpackungen gäbe?”, fragte Karsten Schröder bei der Einführung in die beiden Tage.

    Handeln! Das war das Schlagwort des 18. Inno-Meetings am 13./14. Februar in Osnabrück. Was ist mit Handeln gemeint: Müssen wir handeln, wollen wir handeln, sind wir vom Handel abhängig oder müssen wir über den Handel und das Handeln von Waren reden?

    Die gesamte Wertschöpfungskette der Verpackungsindustrie war vertreten. Die Referenten schilderten die spezifischen Herausforderungen, Anstrengungen und Lösungen, um die gesetzten Nachhaltigkeitsziele zu erreichen und gleichzeitig die über viele Jahrzehnte gewonnenen Erfolge mit Verpackungen zu bewahren.

    Die Natur lässt nicht mit sich handeln! Nur durch einen Ausgleich und eine Verbesserung der CO2-Bilanz können Unternehmen nachhaltig(er) werden. Das Klimaziel für Deutschland ist bis 2025 verschoben. Ein erster Schritt ist die Verbesserung und der Ausgleich der CO2-Bilanz. Walter Pohl, Climate Partners, erläuterte in seinem Vortrag, wie die CO2-Bilanz eines Unternehmens berechnet wird und durch Klimaschutzprojekte ausgeglichen werden kann. Neben dem Klimaschutz ist der positive Effekt die Kostenersparnis, denn je mehr vermieden und reduziert wird, desto weniger muss ausgeglichen werden. Lieferanten werden sensibilisiert, und der Effekt potenziert sich.

    Heiko Hünemeyer, A. Moras & Comp. GmbH & Co. KG, handelt bereits. Er versteht das Nachhaltigkeits-Engagement als eine generationsübergreifende Verpflichtung. Das Thema Nachhaltigkeit ist seit Jahren im Unternehmen verankert. Seit 2015 liefert Moras seine Produkte ohne Mikroplastik aus. In Kooperation mit Climate Partner produziert die Firma seit 2018 komplett klimaneutral und ist seit 2019 plastikfrei.

    Am Beispiel seiner Verpackungen schilderte er eindrucksvoll, wie er dieses Ziel erreicht hat. Die Firma Schaebens (A. Moras & Comp. GmbH & Co. KG) hat die CO2-Emissionen unterschiedlicher Verpackungsformen berechnen lassen und daraufhin die Rezeptur auf die Verpackungen ausgerichtet/zugeschnitten.

    Heiko Hünemeyer sieht in der Nachhaltigkeitsstrategie nicht nur eine generationsübergreifende Verpflichtung, sondern berichtete auch von Wettbewerbsvorteilen beim Konsumenten und auf dem Arbeitsmarkt. Positiver Nebeneffekt ist die Kosteneinsparung beim Dualen System durch gesunkene Abgaben. Besonderes Augenmerkt legte er auf die Differenzierung bei der CO2-Bilanz. Je nach Produkt, Vertriebs- und Anwendungsstrategie, sind unterschiedliche Verpackungslösungen optimal. Hier kann nur der Experte vernünftige Abschätzungen errechnen. Es gibt nicht die Optimalverpackung für alles.

    Karsten Schröder, Moderator und Firmeninhaber der Innoform Coaching GbR, sieht in Verpackungen einen Baustein unseres Wohlstands. Einerseits stehen Verpackungen unter Druck und keiner will sie, andererseits kommen wir ohne sie nicht mehr aus: „Denn wie kann eine stetig wachsende Menschheit, die vorzugsweise in Städten wohnt, ernährt werden, wenn es keine Verpackungen gäbe?”

    Während es 1950 kaum Verpackungsabfälle gab, und das Hausschwein mit dem Biomüll gemästet wurde, ist das Entsorgungssystem durch den grünen Punkt legitimiert, und die Abfallquote steigt an.

    Wie kann die Verpackung uns nach dem Gebrauch noch nützen? Ganz einfach: Die Verpackung muss sich verändern. Karsten Schröder vergleicht die Verpackung mit einer Materialbank: Die Verpackung/das Material wird dem Konsumenten geliehen und geht nach Gebrauch zum Hersteller zurück. So bleibt der Wert des Materials erhalten, und dabei steigt Wachstum sogar an. Seiner Meinung nach müssen Verpackung und Produkt eine Einheit werden, die sich über die Ökologie, das Produkt und die Marke definiert. Auch er sieht in der Nachhaltigkeit eine neue Pflicht und Chance gleichermaßen: sozial, ökonomisch und ökologisch. Die Idealverpackung muss auch nach dem Gebrauch noch nützlich sein.

    Wissen generieren, Wissen teilen, Märkte verändern. Das ist die Mission der Edeka-Partnerschaft mit dem WWF. Im Rahmen ihrer gemeinsamen Nachhaltigkeitsstrategie arbeiten der WWF und Edeka seit zehn Jahren daran, den ökologischen Fußabdruck von Edeka auch im Verpackungsbereich zu optimieren. Welche Erwartungen der WWF an Unternehmen stellt, und wie eine gelungene Nachhaltigkeitsstrategie mit Eigenmarken gemeinsam umgesetzt werden kann, erläuterte Dr. Marina Beermann, WWF-Leiterin der Edeka-Partnerschaft. So hat der Verzicht von Verpackungen oberste Priorität. Nicht vermeidbare Verpackungen sind auf ein effizientes und effektives Ressourcenmanagement ausgelegt, und keine Verpackung fällt als Abfall an, sondern ihre Materialien werden als Ressource möglichst lange sowohl quantitativ als auch qualitativ in Stoffströmen geführt. Um Einfluss auf vorgelagerte Lieferketten nehmen zu können, müssen Nachhaltigkeitskriterien – z. B. nachwachsende Rohstoffe, die nicht in Konkurrenz zu Lebensmitteln stehen – in Form glaubhafter Zertifizierungssysteme geschaffen werden. Zum Vorantreiben des Recyclings wünscht sich der WWF eine Harmonisierung von Verpackungen und ihren Komponenten und Dialog und Aufklärung entlang der gesamten Wertschöpfungskette.

    Dr. Wolfgang Jeschke, GC Graphic Consult GmbH, berichtete über die Möglichkeiten der Smart Packaging für smarteren Handel. Aufgrund des demographischen Wandels hat sich das Einkaufsverhalten drastisch verändert. Zwar erschweren RFID-Chips die Kreislauffähigkeit, andererseits können aktive Verpackungen mit dem Füllgut in Wechselwirkung treten und der Lebensmittelvernichtung vorbeugen, indem sie z. B. die Kühlkette überwachen und – besonders wichtig bei Pharmaverpackungen – fälschungssicher sind. Auch das verlangt Handeln und Entwicklungskraft.

    Karlheinz Hausmann und Dr. Heiko Schenck, Dow, sehen auch die Rohstoffhersteller in der Pflicht: Dow will erneuerbare und rezyklierte Materialien in die Produktion aufnehmen und hat sich verpflichtet, bis 2025 100.000 t Kunststoffrezyklat in der EU anzubieten. So hat Dow neue Technologien entwickelt, um Polymere aus Recyclingströmen in den Markt zu bringen. Auch werden Materialien und Zusatzstoffe entwickelt, die das Recycling insgesamt begünstigen.

    Birte Surborg, Sealed Air, hob hervor, dass die Art des Handels und die Lieferkette sich verändert haben. Eine verkürzte Prozessdauer und der Zeitpunkt von der Bestellung bis zur Auslieferung bedeuten neue Herausforderungen für Unternehmen: Es müssen effizientere Pick-, Pack- und Versandoptionen geschaffen und zu hohe Verpackungs- und Logistikkosten reduziert werden.

    Sealed Air liefert u. a. Verpackungsmaschinen, die produktgrößenabhängig insbesondere für den Online-Handel in Kartons verpackt. Das bedeutet für den Endkunden ein frustfreies Auspackerlebnis durch weniger Verpackung, eine schnelle Entsorgung sowie ein optimiertes Verhältnis von Volumen und Gewicht.

    „Verpackungshersteller müssen den Rezyklierern das Leben einfacher machen. Nur Mono-Material-Laminate aus PE oder PP sind derzeit die einzige realistische Lösung für unsere Umweltprobleme mit flexiblen (Hochbarriere-)Verpackungen. Prof. Achim Grefenstein, Constantia, berichtete über recyclingfähige Hochbarriere-Verbunde für Lebensmittelverpackungen. Er klärte auf über die Nachteile von Papier-, bioabbaubaren und recyclingfähigen Verpackungen aus PE und PP, die der breiten Öffentlichkeit nicht bekannt sind. Nur Recycling und geringere Materialvielfalt sind die Lösung. Constantia hat die weltweit erste Fabrik zur Herstellung rezyklierbarer Mono-PE-Verpackungen in Indien gebaut. Das neue Material ersetzt nicht rezyklierbare Mischkunststoffe, womit die Wertschöpfung beim Recycling erhöht wird.

    Prof. Markus Schmid, Hochschule Albstadt, stellte aus der anwendungsorientierten Forschung Handlungsansätze für nachhaltigere Lebensmittelverpackungskonzepte vor. Am Beispiel einer Schnittkäseverpackung veranschaulichte er, dass Produktverluste höhere CO2-Emissionen verursachen als durch Vermeidung überflüssiger Verpackungen eingespart werden kann. Die Verpackung muss das Produkt ausreichend schützen, aber nur durch optimierte Materialeigenschaften kann Material reduziert werden, und das Material darf nur ersetzt werden, wenn der Produktschutz gewährleistet ist. Eine Lösung sind auf Molkenprotein basierte Folien. So wird aus einem Abfallprodukt eine nachhaltige Verpackung mit guten Barriereeigenschaften, die zu 100 % recyclebar ist – so zumindest das Entwicklungsziel auf Basis der vielversprechenden Ansätze.

    Mangelndes Kunststoff-Recycling ist ein akutes, globales Problem. Weltweit werden weniger als 10 % der Kunststoff-Verpackungsabfälle recycelt. Der Rest wird verbrannt, endet auf Deponien oder gelangt unkontrolliert in die Umwelt. Somit steigt der politische und gesellschaftliche Druck nach einem nachhaltigeren Umgang mit Verpackungen, mit dem Ziel, eine geschlossene Kreislaufwirtschaft zu erreichen.

    Technologien für gemischte Abfälle müssen noch entwickelt werden, so dass Multi-Layer Verpackungen eine Herausforderung darstellen. Florian Riedl, APK, stellte ein innovatives Verfahren vor, mit dem PE- und PP-Rezyklate für Verpackungsanwendungen nur durch chemisches Recycling hergestellt werden können.

    Durch ein spezielles Löseverfahren können die einzelnen Polymertypen in Kunststoffverbunden (z. B. Mehrschichtfolien) und gemischten Kunststoffabfällen separiert werden. Das Ergebnis sind sortenreine, saubere Kunststoff-Granulate mit Neuwarencharakter, die für Non-Food-Verpackungen eingesetzt werden können.

    Colorcon stellt erstmals für Lebensmittelkontakt geeignete Druckfarben vor, die bei allen Druckverfahren eingesetzt werden können. Steve Walpuski, Colorcon, machte deutlich, dass in einigen Fällen auf mehrschichtige Folienverbunde und kompliziertes Recycling verzichtet werden kann, wenn Lebensmitteldirektkontaktfarben verwendet werden. Durch diese Funktionscoatings kann z. B. auch die Innenseite von Joghurtdeckeln als Werbefläche genutzt und so auf überflüssiges Verpackungsmaterial verzichtet werden.

    Auch die Maschinenbauer sehen sich in der Pflicht, die Kunden fordern Lösungen für neue Maschinen für die Herstellung innovativer Verpackungsmaterialien.  Andrea Glawe, Kroenert, berichtete über neue Systemlösungen, wie z. B. Beschichtungsanlagen im Reinraum oder die Möglichkeit einer doppelseitigen Silikonisierung von Papier in einem Arbeitsgang.

    Erwin Jochim, Morchem, warnte davor, keinen blinden Aktionismus zu starten. Wiederholtes Recyceln birgt auch Gefahren: Vor dem Hintergrund von NIAS (nicht absichtlich zugesetzter Substanzen) können unbekannte Fremdstoffe und Spurenelemente die Rezyklate verunreinigen und damit die Sicherheit gefährden. Er hinterfragte kritisch, ob es nicht besser sei, die Kunststoffe an zentraler Stelle zu sammeln und thermisch zu entsorgen. Warum sollen bewährte Prozesse zu Lasten der Sicherheit über Bord geworfen werden? Der Produktschutz hat immer im Vordergrund zu stehen. Außer beim PET sind bisher genau aus diesen Bedenken heraus Rezyklate für Lebensmittelverpackungen (noch) nicht zugelassen.

    Kurt Stark, Buergofol, betonte, dass das Verpackungsgesetz außer Kosten nichts gebracht hat und die Industrie weiterwächst. Warum werden Plastiktüten aus PE verboten, obwohl sie am besten zu recyceln sind, ideale Eigenschaften haben und nur die Entsorgung noch ungeregelt abläuft? Ob die angestrebten Recycling-Quoten erreicht werden, stellte er in Frage. Solange Abfall noch einen Wert hat, ist es kein Müll.

    Jede Medaille hat zwei Seiten: Trotz des Willens, Verpackungen zu vermeiden, steigt der Verbrauch stetig an. Da scheint ein Konstruktionsfehler im Anreizsystem vorzuliegen.

    Alle Teilnehmer konnten die Tagung mit ihrem Live-Feedback aktiv mitgestalten.

    Die große Bandbreite der Teilnehmer bot fachlich, inhaltlich und persönlich während der Pausen und des gemeinsamen Abends in der Hausbrauerei Rampendahl ideale Austauschmöglichkeiten. Sie lobten das hervorragende und abwechslungsreiche Vortragsprogramm. Auch (selbst-)kritische Ansätze kamen nicht zu kurz. Die Veranstaltung verschaffte einen sehr informativen und guten Überblick zu Trends und Aktivitäten der gesamten Wertschöpfungskette/supply chain hinsichtlich Circular Economy.

    Fazit

    Die Verpackungsbranche muss eine gemeinsame Lobby und Lösungswege entwickeln, und das braucht mehr Kooperation. Der katastrophalen Wahrnehmung von Kunststoffen in der breiten Öffentlichkeit kann nur durch gezielte Weiterentwicklung und sachliche Berichterstattung begegnet werden. Verpackungen müssen auf das Wesentliche reduziert werden. Rohstoffhersteller können nur aktiv werden, wenn sie von der Politik mitgetragen werden.

    Einige Forderungen aus den Vorträgen sind:

    • Dem Raumschiff Erde gehen Ressourcen und vor allem die Luft aus
    • Verpackungen müssen sich verändern und auf das Wesentliche reduziert werden
    • Die Gesamttonnage an Kunststoffen, die in die Umwelt gelangen, muss sinken.
    • Es müssen Nachhaltigkeitskriterien in Form glaubhafter Zertifizierungssysteme geschaffen werden
    • Nachhaltigkeit ist die neue Pflicht und birgt Chancen für neue Geschäftsideen: sozial, ökologisch und ökonomisch
    • Abfallvermeidungsziele müssen von der Politik klar definiert und kontrolliert werden
    • Rohstoffhersteller können aktiv werden, wenn sie von der Politik mitgetragen werden
    • Entwicklung neuer Technologien zur Entwicklung gemischter Abfallströme sind in Arbeit
    • Die Kunststoffbranche sollte wie die Papierindustrie mehr mit einer Stimme sprechen und nach tragfähigen Leitbildern handeln
    • Flexpack kann umweltschädlichere Verpackungslösungen nach wie vor im großen Umfang ersetzen. Wir sollten nun nicht wieder in die 1990er Jahre und einen Papierboom unreflektiert umschwenken
    • Recycling und geringere Materialvielfalt sind ein wesentlicher Teil der Lösung
    • Insgesamt muss es weniger (überflüssige) Verpackungen geben. Die Flexpackindustrie kann helfen, diesen Zielkonflikt zu lösen, da Flexpack oft die Minimalverpackung darstellt

    Save the date

    Mit einem Dank an die Teilnehmer und Referenten warf Karsten Schröder einen letzten Blick nach vorn: Mittwoch/Donnerstag, 3.und 4. Februar 2021, ist als nächster Termin für das 19. Inno-Meeting in Osnabrück fixiert. Für 2022 stimmten die Teilnehmer mit knapper Mehrheit wieder für Donnerstag/Freitag ab. 

  • Heiko Hünemeyer: Ein Markeninhaber handelt bereits

    Heiko Hünemeyer: Ein Markeninhaber handelt bereits

    Das Inno-Meeting gilt als deutschsprachiger Branchentreff für Entscheider der Flexpack-Industrie. Was versprechen Sie sich persönlich von Ihrem Beitrag?

    Eine Initialzündung für die Branche und einen Informationsaustausch zwischen den Verantwortlichen, der dazu beiträgt, Meinungen durch Tatsachen zu ersetzen.

    Der Themenschwerpunkt beim diesjährigen Inno-Meeting liegt auf „Handeln“. Anders ausgedrückt: Zeit zum Umdenken. Was fällt Ihnen spontan zu diesem Thema – bezogen auf Verpackungen und Verbraucheranforderungen – ein?

    Es gibt noch viel zu optimieren! Wir können noch vieles verbessern! Es ist noch nicht zu spät! Wir können es gemeinsam schaffen!

    Ihr Thema lautet „Ein Markeninhaber handelt bereits“. Was wird Ihre Kernaussage sein, und wo sehen Sie für den Zuhörer in erster Linie den Nutzen?

    Jedes Unternehmen und jede Marke kann, wenn sie will, im Rahmen des Umwelt- und Klimaschutzes agieren und klimaneutral, plastikneutral, frei von Mikroplastik und vieles mehr werden. Wir wollen aufzeigen, wie so ein Handeln vollzogen werden kann, und ob das im wahrsten Sinne des Wortes ausreicht, um tatsächlich „nachhaltig“ zu sein. Gleichzeitig wollen wir aber auch aufzeigen, welche Vor- und Nachteile sowie Chancen und Risiken sich aus einem solchen Engagement ergeben können.

    Auf Ihrer Website kommunizieren Sie, dass Sie sich in klimaneutralen Projekten engagieren, seit 2019 mit Ökostrom produzieren, Ihre Produkte kein Mikroplastik enthalten und mit dem Unternehmen Plastic Bank kooperieren, um Verpackungsmüll wieder der Recycling-Wertschöpfungskette zuzuführen. Alles Maßnahmen, die die Akzeptanz Ihrer Produkte beim Verbraucher steigern sollen?

    Die Verbraucherakzeptanz zu steigern, ist zweifelsohne eines der herausragenden Ziele, aber nicht das einzige. Die Verantwortung für uns als Unternehmen ist es, die bestmöglichen Produkte auf den Markt zu bringen – sowohl für unsere Konsumenten, als auch für die Umwelt. Letztendlich geht es natürlich auch darum, Wettbewerbsvorteile herauszuarbeiten und diese für die Marke sinnvoll zu nutzen.

    Was war Ihre Motivation, schon so früh nachhaltiger zu werden?

    Das große Nachhaltigkeitsengagement ist für unser traditionelles Familienunternehmen eine generationsübergreifende selbstverständliche Verpflichtung. Schon seit vielen Jahrzehnten bzw. mehreren Generationen richten wir uns nachhaltig aus und sind uns unserer Verantwortung für Mensch und Umwelt bewusst. So behandelte z. B. bereits meine empirische Diplomarbeit an der Universität zu Köln aus dem Jahre 1983 ein spezifisches Verpackungsthema, bei dem vor allem dem Umweltschutz bzw. der Nachhaltigkeit eine für die damalige Zeit ungewöhnlich große Bedeutung zugeordnet wurde. In 1991 wurde daraufhin federführend durch mich, über den Wissenschafts- und Wirtschaftsdienst des B.A.H., der erste Leitfaden zur Umsetzung und Anwendung der Verpackungsverordnung verfasst. Unser mittlerer Sohn hat dann im Jahr 2018 seine Masterarbeit an der Hochschule Fresenius zum Thema CO2-Kompensation und deren Implementierung in die Unternehmensstrategie sehr erfolgreich erstellt. Das Thema Nachhaltigkeit ist demzufolge in der Familien- und Unternehmensphilosophie schon langfristig fest verankert.

    Wie kommunizieren Sie Ihr Nachhaltigkeitsengagement auf Ihren Verpackungen und in der Öffentlichkeit?

    Unsere Primär- und Sekundärpackmittel sind mit dem Siegel von ClimatePartner (ID-Nr. 12669-1802-1001) für die Klimaneutralität unserer Produkte und unseres Unternehmens sowie dem Siegel von Plastic Bank (ID-Nr. schaebens.de/pb-1001) für die Plastikneutralität in Bezug auf unsere Produktverpackungen gekennzeichnet. Darüber hinaus sind unsere Trays, in denen die meisten unserer Produkte am Point of Sale angeboten werden, als Sekundärpackmittel neben diesen beiden Siegeln und den dementsprechenden Aussagen zusätzlich mit einem von uns selbst entwickelten Siegel für „0 % Mikroplastik“ versehen. Wir entwickeln zurzeit außerdem mit der Agentur Blue Life eine Kommunikations- und Werbekampagne für unser Nachhaltigkeitsengagement, die ab Anfang 2020 aktiv umgesetzt werden wird.

    Wie schätzen Sie persönlich die Zukunft von Kunststoffverpackungen ein?

    Entgegen vieler anders lautender bzw. negativer Erwartungshaltungen schätze ich persönlich die Zukunft der Kunststoffverpackungen als ausgesprochen positiv ein. Es gilt dabei zu differenzieren zwischen einem öffentlichen Meinungsbild, das aktuell eindeutig gegen Kunststoff spricht, und den Tatsachen, die eindeutig für Kunststoff sprechen. Wenn die Entsorgung und das Recycling von Kunststoffverpackungen verbessert sowie Optimierungspotentiale, wie z. B. durch die Rezyklatinitiative von dm-drogeriemarkt u. a., erfolgreich genutzt und umgesetzt werden, ist und bleibt Kunststoff für viele Verpackungsvarianten ein herausragend gut geeigneter Rohstoff.

    Unsere Teilnehmer möchten die Referenten auch gern persönlich besser kennenlernen. Deshalb noch eine letzte Frage: Wofür begeistern Sie sich neben Ihren beruflichen Aufgaben besonders?

    Meine Familie und ich setzen uns bereits seit vielen Generationen für den Natur- und Umweltschutz ein, den wir u. a. in unserem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb in der Eifel (Rheinland-Pfalz) auch als Angler und Jäger engagiert umsetzen. Darüber hinaus sind wir sehr sportbegeistert. Seit drei Jahren fördern und unterstützen wir als Haupt- und Trikotpartner alle Frauen- und Mädchenfußballmannschaften vom 1. FC Köln.

    Heiko Hünemeyer studierte nach zahlreichen in- und ausländischen Praktika und Traineeships in Köln Betriebswirtschaftslehre. Im Rahmen dieses Studiums erfolgte von ihm eine empirische Diplomarbeit zu einem spezifischen Verpackungsthema. Nach seinem Studium wechselte er in die Familienunternehmensgruppe, zu der u.a. auch die Firma Haus Schaeben zählt.

    In 1991 war er federführend beteiligt an der Erarbeitung des Leitfadens zur Umsetzung und Anwendung der Verpackungsverordnung, die durch den Wissenschafts- und Wirtschaftsdienst des B.A.H. veröffentlich wur-de. Schaebens ist Marktführer in der Gesichtspflege, wobei insbesondere Masken, Konzentrate und Seren hier im besonderen Interesse der vornehmlich weiblichen Kundschaft stehen. Alle diese Produktserien sind Innovationen, die auf Heiko Hünemeyer unmittelbar zurückzuführen sind.

    Heiko Hünemeyer ist Gründungsmitglied in der Arbeitsgruppe Pharma im Markenverband und dort auch Vorstandsmitglied sowie Gründungsmitglied der Arbeitsgruppe Grenzgebiet Arzneimittel im B.A.H. und dort im Beirat.

  • Walter Pohl über klimaneutrale Verpackungen – Ein Beitrag zum Klimaschutz

    Walter Pohl über klimaneutrale Verpackungen – Ein Beitrag zum Klimaschutz

    Das Inno-Meeting gilt als deutschsprachiger Branchentreff für Entscheider der Flexpack-Industrie. Was versprechen Sie sich persönlich von Ihrem Beitrag?

    Klimawandel und Klimaschutz sind zurzeit in aller Munde. In einigen Fällen ist das Hintergrundwissen jedoch mangelhaft. Mit meinem Vortrag will ich bei den Veranstaltungs­teilnehmern die Informationslücken und Hemmschwellen abbauen und das Verständnis für die Bedeutung von Klimaneutralität erhöhen. Ich möchte Wege aufzeigen, wie sich Unternehmen unter anderem über ihre Produkte erfolgreich im Klimaschutz positionieren können.

    Der Themenschwerpunkt beim diesjährigen Inno-Meeting liegt auf „Handeln“. Anders ausgedrückt: Zeit zum Umdenken. Was fällt Ihnen spontan zu diesem Thema – bezogen auf Verpackungen und Verbraucheranforderungen – ein?

    Die Verbraucher wollen von Industrie und Handel kein „weiter so“ hören, sondern klare Bekenntnisse zum Umweltschutz. Die Zeit der Einwegverpackung scheint Vergangenheit zu sein. Zukünftig werden vom Verbraucher Konzepte zur Vermeidung und Reduzierung sowie Recycling und Klimaneutralität erwartet.

    Wie bringt Ihr Unternehmen Handeln nach Ihrer Definition zum Ausdruck?

    Wir legen an uns selbst die gleichen Maßstäbe an wie an unsere Kunden. Deshalb überprüfen wir kontinuierlich unsere Einspar- und Vermeidungspotentiale, z.B. bei Geschäftsreisen und kompensieren die unvermeidbaren CO2-Emissionen durch entsprechende Ausgleichsprojekte. „Handeln“ bedeutet für uns zudem, unsere Lösungen im Interesse unserer Kunden ständig weiter zu entwickeln, um noch mehr Unternehmen auf einfache Weise eine klimaneutrale Zukunft zu ermöglichen.

    Ihr Thema lautet „Klimaneutrale Verpackungen – Ein Beitrag zum Klimaschutz“. Was wird Ihre Kernaussage sein und wo sehen Sie für den Zuhörer in erster Linie den Nutzen?

    Verpackungen sind für die Produktsicherheit und Markenwahrnehmung unverzichtbar. Sie stellen in der Regel die häufigste Kontaktfläche zwischen Marke und Verbraucher dar. Daher ist es um so wichtiger, dass Unternehmen über die Verpackung ihre Klima­schutz­aktivitäten sichtbar machen.

    Der Nutzen für die Verpackungshersteller liegt dabei auf der Hand: Sie sind es, die es ihren Kunden ermöglichen, durch den Einkauf von klimaneutralen Verpackungen auf ihr Klima­schutz­engagement hinzuweisen. Die Verpackungen oder Produkte sind mit dem Label „klimaneutral“ gekennzeichnet und der Emissionsausgleich lässt sich über eine eindeutige ID-Nummer transparent nachvollziehen. Die Kosten für einen CO2-Ausgleich sind außerdem äußerst gering. In der Regel betragen sie ca. 1 Prozent der eigentlichen Produktionskosten.

    Ihre Referenzliste bekannter Unternehmen spricht für sich. Woher rührt die Motivation Ihrer Kunden, die Beratungstätigkeit von ClimatePartner in Anspruch zu nehmen?

    Siehe auch Antwort auf Frage 4. Hierzu kommt noch der Effekt, den Sie mit der Referenzliste angesprochen haben: Immer mehr Unternehmen verstehen, dass es an der Zeit ist, sich im Klimaschutz zu engagieren. Der Handlungsdruck seitens der Wettbewerber und auch Endkunden wird zunehmend größer.

    Warum werden Klimaschutzbemühungen von den Unternehmen nicht besser in der Öffentlichkeit kommuniziert?

    Das kann ich so nicht bestätigen. Selbstverständlich gibt es Betriebe, bei denen die CO2-Bilanz den ersten Schritt der Nachhaltigkeitsbemühungen darstellt. Diese Firmen wollen, bevor sie mit dem Thema nach draußen gehen, noch weitere Weichen stellen, um die Glaubwürdigkeit im Klimaschutz beim Verbraucher sicher zu stellen. Für die meisten unserer Kunden jedoch ist die Klimaneutralität ein zentraler Bestandteil der Nachhaltigkeitsstrategie. Und darüber berichten sie auch ausführlich. Einige Unternehmen haben eigene Bereiche ihrer Website geschaffen, um ihre Anstrengungen im Klimaschutz, teilweise auch mit Nennung des für den Ausgleich genutzten Klimaschutzprojektes, auszuloben. ClimatePartner steht seinen Kunden bei der Umsetzung von Kommunikations­maßnahmen beratend zur Seite.

    Welche Anstrengungen muss die Verpackungsindustrie unternehmen, um dem Plastik-Bashing entgegen zu wirken?

    Themen wie Recycling, Mehrweg und alternative Materialien für Verpackungen werden derzeit breit diskutiert, nicht nur in Verbindung mit Stichworten wie Ocean Waste, sondern auch im Zusammenhang mit generellen Umweltschutzmaßnahmen. Diesen Themen muss sich die Industrie stellen und eigeninitiativ vernünftige Lösungswege aufzeigen. Zudem muss klar herausgestellt werden, welche Verpackungen aus Kunststoff z. B. aufgrund von Hygiene- und Sicherheitsvorschriften zurzeit noch unverzichtbar sind, weil sie zum Verbraucherschutz beitragen.

    Wie schätzen Sie persönlich die Zukunft von Kunststoffverpackungen ein?

    Der sinnvolle Einsatz von Kunststoffverpackungen wird zukünftig immer häufiger hinterfragt werden. Umso wichtiger wird es daher sein, immer wieder zu reflektieren, welche Verpackungsform für den letztendlichen Verwendungszweck die geeignetste ist. Dabei gilt die Regel: Vermeiden wo es möglich ist, reduzieren wo es sinnvoll ist und nutzen wo es nötigt ist.

    Unsere Teilnehmer möchten Referenten auch gern persönlich besser kennenlernen. Deshalb noch eine letzte Frage: Wofür begeistern Sie sich neben Ihren beruflichen Aufgaben besonders?

    Ich bin verheiratet und habe zwei erwachsene Töchter. In meiner Freizeit widme ich mich der Natur, indem ich im Urlaub oder bei Spaziergängen meinem Hobby der Fotografie nachkomme. Mein Computer hilft mir bei der Bildbearbeitung ebenso wie beim Einspielen von Musiktiteln mit dem Keyboard.

    Walter Pohl

  • Prof. Dr. Markus Schmid über Handlungsansätze für nachhaltigere Lebensmittelverpackungskonzepte – Aktuelles aus der anwendungsorientierten Forschung

    Prof. Dr. Markus Schmid über Handlungsansätze für nachhaltigere Lebensmittelverpackungskonzepte – Aktuelles aus der anwendungsorientierten Forschung

    Das Inno-Meeting gilt als deutschsprachiger Branchentreff für Entscheider der Flexpack-Industrie. Was versprechen Sie sich persönlich von Ihrem Beitrag?

    In meinem Vortrag zu „Handlungsansätzen für nachhaltigere Lebensmittelverpackungskonzepte – Aktuelles aus der anwendungsorientierten Forschung“ werde ich u.a. Ergebnisse aus öffentlich geförderten Forschungsprojekten zu Biopolymeren aus Reststoffen und Nebenprodukten der Lebensmittelproduktion vorstellen. Persönlich verspreche ich mir von meinem Beitrag, dass eine sachliche Diskussion zu möglichen Packmittelalternativen entsteht und dass wir gemeinsam handeln, um wirklich nachhaltigere Verpackungskonzepte in den Markt zu bringen.

    Der Themenschwerpunkt beim diesjährigen Inno-Meeting liegt auf „Handeln“. Anders ausgedrückt: Zeit zum Umdenken. Was fällt Ihnen spontan zu diesem Thema – bezogen auf Verpackungen und Verbraucheranforderungen – ein?

    In Bezug auf die Verbraucheranforderung nach nachhaltigeren Produkten müssen wir natürlich handeln, aber bitte mit Vernunft und Sachverstand. Zum Beispiel Mehrschichtverbundfolien einfach mit Papier zu kaschieren, um diese optisch nachhaltiger aussehen zu lassen, leistet sicherlich nicht zwingend einen Beitrag zur Nachhaltigkeit. Oder noch schlimmer: Verpackung so weit zu reduzieren, dass der Produktschutz nicht mehr gewährleistet ist. Mögliche Maßnahmen sollten erst ordentlich und ganzheitlich durchdacht werden, bevor gehandelt wird.

    Ihr Thema lautet „Handlungsansätze für nachhaltigere Lebensmittelverpackungskonzepte – Aktuelles aus der anwendungsorientierten Forschung“. Was wird Ihre Kernaussage sein und wo sehen Sie für den Zuhörer in erster Linie den Nutzen?

    Eine der wichtigen Aussagen wird sein, dass wir gerade in diesen turbulenten Zeiten, in denen Lebensmittelverpackungen so massiv unter medialem Beschuss stehen, nicht überstürzt reagieren, sondern klug agieren müssen, um für die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen adäquate Lösungen zu finden. Einige mögliche Lösungsansätze werde ich aufzeigen und hoffe, dass möglichst viele Zuhörer daraus einen Nutzen ziehen. 

    Verbraucher betrachten Verpackungen oft als notwendiges Übel. Sie stellen in Ihrem Vortrag ausgewählte Ansätze und Ergebnisse von mehreren Forschungs- und Entwicklungsprojekten vor, die ein gemeinsames Ziel verfolgen: nachhaltigere Verpackungsmaterialien zu entwickeln. Welches Forschungsprojekt hat sie persönlich ganz besonders beeindruckt und warum?

    Alle Forschungsprojekte, die ich vorstellen werde, haben ihren gewissen Reiz. Besonders beeindruckt bin ich von der Tatsache, dass es möglich ist, aus Reststoffen- und/oder Nebenprodukten der Lebensmittelproduktion hochwertige Werkstoffe mit großartiger Funktionalität herzustellen.

    Wie lange müssen wir noch bis zur Markteinführung warten?

    Einige der Prozesse und  Materialien haben bereits einen sehr hohen Technologiereifegrad und könnten damit in naher Zukunft marktverfügbar sein, wohingegen andere Materialien noch einiges an Forschungs- und Entwicklungsarbeit benötigen.

    Warum sind die Biopolymere immer wieder auf der Agenda – wird das nicht alles viel zu teuer?

    In der Tat können Biopolymere nur dann einen echten Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten, wenn diese eine hohe Funktionalität aufweisen und zu marktfähigen Preisen produziert werden können. Um dies zu erreichen, ist noch einiges an Arbeit notwendig. Diesen Weg hin zu einer kreislauforientierten Bioökonomie einzuschlagen halte ich für richtig und wichtig.

    Welche Anstrengungen muss die Verpackungsindustrie unternehmen, um dem Plastik-Bashing entgegen zu wirken?

    Sachliche Aufklärungsarbeit leisten und dass nicht alleine!  Alle Akteure der Wertschöpfungskette müssen hier an einem Strang ziehen.

    Wie schätzen Sie persönlich die Zukunft von Kunststoffverpackungen ein?

    Kunststoffe werden auch in Zukunft einen wichtigen Beitrag zur Erfüllung der Primärfunktion von Verpackungen leisten. Dabei wird der Anteil an Kunststoffen aus nachwachsenden Rohstoffen steigen und der Ausbau kreislauffähigerer Konzepte weiter voranschreiten. Kunststoffverpackungen werden also ein Teil der Lösung für den notwendigen Wandel zu einer nachhaltigen und kreislauforientierten Bioökonomie sein.

    Unsere Teilnehmer möchten die Referenten auch gern persönlich besser kennenlernen. Deshalb noch eine letzte Frage: Wofür begeistern Sie sich neben Ihren beruflichen Aufgaben besonders?

    Schwäbischer Zwiebelrostbraten mit Spätzle und Soße.

    Prof. Dr. Markus Schmid ist ausgebildeter Fleischermeister und Betriebswirt des Handwerks. Er studierte Lebensmitteltechnologie und Food Processing an der Hochschule Fulda und promovierte am Lehrstuhl für Lebensmittelverpackungstechnik der Technischen Universität München. Er arbeitete als Projektmanager am Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV in Freising. Seit März 2018 ist er Professor an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen in der Fakultät Life Sciences am Standort Sigmaringen. Dort leitet er das Sustainable Packaging Institute SPI.

  • Prof. Achim Grefenstein über recyclingfähige Hochbarriere-Verbunde für Lebensmittelverpackungen

    Prof. Achim Grefenstein über recyclingfähige Hochbarriere-Verbunde für Lebensmittelverpackungen

    Das Inno-Meeting gilt als deutschsprachiger Branchentreff für Entscheider der Flexpack-Industrie. Was versprechen Sie sich persönlich von Ihrem Beitrag?

    Es ist eine gute Gelegenheit, ein breiteres Fachpublikum darüber zu informieren, dass es mitterweile möglich ist, auch Hochbarriereverpackungen für die Kreislaufwirtschaft herzustellen. Polyethylen ist dafür das optimale Material.

    Der Themenschwerpunkt beim diesjährigen Inno-Meeting liegt auf „Handeln“. Anders ausgedrückt: Zeit zum Umdenken. Was fällt Ihnen spontan zu diesem Thema – bezogen auf Verpackungen und Verbraucheranforderungen – ein?

    Das Thema der Umweltbelastung, z. B. Marine Littering durch Verpackungen, beschäftigt zu Recht eine große Zahl an Konsumenten. Für die Verpackungshersteller ist dies eine große Verantwortung, durch aktives Handeln umweltfreundlichere Verpackungen zu entwickeln und in den Verkehr zu bringen.

    Wie bringt Ihr Unternehmen Handeln nach Ihrer Definition zum Ausdruck?

    Erstens durch unsere öffentlich kommunizierte Absicht, unser gesamtes Produktportfolio bis 2025 durch recyclingfähige Alternativen ersetzen zu können, was umfassende R&D-Aktivitäten in den nächsten Jahren erfordern wird. Zweitens dadurch, dass Constantia Flexibles kürzlich in Indien die weltweit erste Fabrik eröffnet hat, die ganz auf die Herstellung neuer recyclingfähiger Verpackungen ausgelegt ist.

    Ihr Thema lautet „Recyclingfähige Hochbarriere-Verbunde für Lebensmittelverpackungen“. Was wird Ihre Kernaussage sein, und wo sehen Sie für den Zuhörer in erster Linie den Nutzen?

    Es gibt keine Alternative zu einer Kreislaufwirtschaft auch im Bereich Verpackungen. Die anerkannt gute Ressourceneffizienz (Stichwort Klimawandel) von Kunststoffverpackungen steht mittlerweile nicht mehr im Widerspruch zu einem hochwertigen Recycling von mehrlagigen Barriereverpackungen. Kunststoffverpackungen sind damit auch in Zukunft ein wesentlicher Teil der Lösung aktueller Umweltprobleme im Bereich Verpackung.

    Warum hat Constantia Flexibles in Pirk ein neues Forschungs- und Entwicklungszentrum aufgebaut?

    Neben der traditionellen Stärke bei der Entwicklung von aluminiumhaltigen Verpackungen hat Constantia Flexibles durch die Bündelung und Verstärkung unserer R&D-Aktivitäten auch im Bereich Kunststoff eine bei Kunden und Lieferanten geschätzte umfassende Expertise aufgebaut.

    Was entwickeln Sie und Ihre Kollegen in Ihrem Forschungszentrum?

    Wir testen neue Rohstoffe und Verarbeitungskonzepte und entwickeln daraus nachhaltige Laminatstrukturen für unterschiedlichste Anwendungen in den Bereichen Consumer- und Pharma-Packaging in enger Zusammenarbeit mit Kunden, Lieferanten und sonstigen Technologiepartnern.

    Wie wollen Sie Barrierefolien recycelfähiger machen? Ist das nicht ein Widerspruch in sich, da man immer unterschiedliche Materialien brauchen wird, die schwer zu recyceln sind?

    Bei unserer neuen Produktlinie „EcoLam“ haben wir neben Polyethylen nur die minimal nötigen Barriereschichten eingesetzt, die zudem mit PE kompatibel sind. Die Recyclingfähigkeit unserer Einstoffverbunde wurde u. a. von unabhängigen Instituten im Rahmen der Recyclass-Initiative der europäischen Kunststoffrecycler nachgewiesen.

    Welche Anstrengungen muss die Verpackungsindustrie unternehmen, um dem Plastik-Bashing entgegen zu wirken?

    Wir haben uns im Rahmen von Wertschöpfungsketten übergreifenden Projekten wie CEFLEX (Circular Economy in Flexible Packaging) in Zusammenarbeit mit Herstellern von Verpackungen, Markenartikeln, Rohstoffen und Recyclingunternehmen auf Mindeststandards zur Recyclingfähigkeit geeinigt. Diese sind mittlerweile so oder sehr ähnlich auch in die nationalen Standards übernommen worden. Diesen Weg muss unsere Industrie weitergehen. Nur wenn wir trotz aller Einzelinteressen mit einer Stimme sprechen, welche auch die physikalischen und naturwissenschaftlichen Realitäten berücksichtigt, können wir letztlich auch den Konsumenten sinnvolle Lösungen vermitteln.

    Wie schätzen Sie persönlich die Zukunft von Kunststoffverpackungen ein?

    Entgegen der landläufigen Meinung vieler Konsumenten, sehe ich die Kunststoffverpackung als großen Teil der Lösung an, wenn wir konsequent auf Recycling setzen und uns nicht in Nischenanwendungen wie bioabbaubaren Polymeren verzetteln. Diese bauen nämlich meist nicht in der Umwelt oder gar im Meer ab und emittieren bei dem Abbau die Treibhausgase CO2 oder Methan.

    Papier hat von Hause aus keine guten Barriereeigenschaften, um Lebensmittel vor dem Verderb zu schützen. Zusätzliche Barriereschichten können schnell auch das klassische Papierrecycling stören. Die Papierindustrie hat bei der Definition des richtigen „Design for Recycling“ sicher noch einige Hausaufgaben zu machen. In der näheren Zukunft kann ich mir mit Papier bestenfalls mittlere Barrierewerte vorstellen. Zudem ist bei vielen Anwendungen die Dicke und damit auch der CO2-Ausstoß pro m² Verpackung höher als mit Kunststoff.

    Unsere Teilnehmer möchten die Referenten auch gern persönlich besser kennenlernen. Deshalb noch eine letzte Frage: Wofür begeistern Sie sich neben Ihren beruflichen Aufgaben besonders?

    Ich gehe sehr gern mit meiner Familie in der Natur wandern oder treibe Sport, wie zum Beispiel Tennis.

    Professor Dr.-Ing. Achim Grefenstein, geboren 1965, studierte an der RWTH Aachen Maschinenbau Fachrichtung Kunststofftechnik. Von 1990 bis 1996 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter und später Abteilungsleiter „Extrusion/Weiterverarbeitung“ am Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV), wo er 1994 promovierte und 1998 im Bereich Kunststoffaufbereitung habilitierte und bis heute die Vorlesung „Kunststoffaufbereitung und Recycling“ unterrichtet.

    Von 1996 bis 2004 war er bei der BASF AG, Ludwigshafen, zunächst in der Anwendungstechnik Thermoplaste, später in der Geschäftseinheit Styrolpolymere als Projekt- und Teamleiter tätig. Gemeinsam mit seinem konzernübergreifenden Team entwickelte er neue Folientechnologien für KFZ-Karosseriebauteile aus Kunststoff und führte diese, gemeinsam mit Partnern aus der Extrusions-, Spritzgieß- und Automobilindustrie, in den Markt ein.

    Von 2004 bis 2013 war er als Director Corporate R&D für die gesamten Entwicklungsaktivitäten, das Patentwesen und die Markteinführung neuer Produkte der RKW SE, Frankenthal verantwortlich. Als europäischer Marktführer im Bereich flexible Folien produziert RKW Folien, Compounds und Vliestoffe für diverse Märkte, wie Hygiene & Medical, Verpackung, Bau und Agrar. Ab Oktober 2011 war er zusätzlich als Produktmanager auch kommerziell für das Etikettenfoliengeschäft der RKW-Gruppe zuständig.

    Seit 2013 ist er als Senior Vice President Group R&D bei Constantia Flexibles GmbH, Wien für die weltweiten Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten der beiden Geschäftsbereiche Consumer und Pharma-Packaging (bis zum Verkauf in 2017 auch Labels) und das Patentwesen verantwortlich.  

    Für die Industrievereinigung Kunststoffverpackungen (IK) e.V., Bad Homburg leitet er seit 2016 die Experten-Arbeitskreis zum Thema Bioplastics.


  • Andrea Glawe über Maschinenkonzepte für recyclebare High Performance Verpackungsmaterialien

    Andrea Glawe über Maschinenkonzepte für recyclebare High Performance Verpackungsmaterialien

    Das Inno-Meeting gilt als deutschsprachiger Branchentreff für Entscheider der Flexpack-Industrie. Was versprechen Sie sich persönlich von Ihrem Beitrag?

    Ich freue mich über Kontakte und Informationen entlang der gesamten Wertschöpfungskette, mit Rohstoff- und Folienhersteller, Verpackungsanwendern und Recyclingfirmen. Wir als Maschinenbauer müssen erfahren, welche Entwicklungen die Verpackungsindustrie vorantreibt. Dieses Wissen versetzt uns in die Position, optimal Maschinen und Prozesse an die neuen Anforderungen anzupassen.

    Der Themenschwerpunkt beim diesjährigen Inno-Meeting liegt auf „Handeln“. Anders ausgedrückt: Zeit zum Umdenken. Was fällt Ihnen spontan zu diesem Thema – bezogen auf Verpackungen und Verbraucheranforderungen – ein?

    Durch die Klimaaktionen ist der Fokus der Vermeidung, der Wiederverwendung und des Recyclings von Verpackungen stark in den Fokus der öffentlichen Diskussion gerückt.

    Wie bringt Ihr Unternehmen Handeln nach Ihrer Definition zum Ausdruck?

    KROENERT ist Mitglied im Netzwerk „Blue Competence“ des VDMA, welches den Fokus auf Nachhaltigkeit im Maschinenbau setzt. Wir sehen unseren Beitrag in der Entwicklung von Anlagen mit hoher Energieeffizienz und Prozessen mit geringem Ressourcenverbrauch.

    Ihr Thema lautet „Maschinenkonzepte für recyclebare High Performance Verpackungsmaterialien“. Was wird Ihre Kernaussage sein, und wo sehen Sie für den Zuhörer in erster Linie den Nutzen?

    Ziel ist es, Informationen zu Recycling und Nachhaltigkeit zu vermitteln mit Hinblick auf Entwicklungen im Bereich der Beschichtung und Laminierung von Verpackungsmaterialien.

    Was kann ein Maschinenbauer wie Sie zur Nachhaltigkeit von Verpackungen überhaupt beitragen?

    Es gibt viele neue Entwicklungen im Bereich der Verpackung, Barrierekleber für sortenreine Laminate, dünne transparente Barrieren, neue Verpackungskonzepte. Wir müssen die Maschinen an die sich ändernden verfahrenstechnischen Anforderungen anpassen und neue Maschinenkonzepte entwickeln.

    Im Fokus von Kroenert sind und waren immer die kaschierten Verbunde. Ist das nicht in sich ein Widerspruch zum Wunsch nach modernen, nachhaltigen Verpackungen?

    Nein, ist es nicht. Ein Fokus, z. B. in der Entwicklung neuer Verpackungslösungen, sind sortenreine Laminate aus PE mit PE oder PP mit PP unter Einsatz funktioneller Barrierekleber, die das Recycling der Einkomponentenverpackungssysteme unterstützen.

    Wie schätzen Sie persönlich die Zukunft von Kunststoffverpackungen ein?

    Ohne Kunststoffe können wir Lebensmittel, Medikamente und andere wichtige Produkte nicht schützen. Ziel von Entwicklungen muss es sein, Verpackungen ressourcenschonend einzusetzen und die anfallenden Verpackungen in den Wertstoffkreislauf zurückzuführen.

    Welche Anstrengungen muss die Verpackungsindustrie unternehmen, um dem Plastik-Bashing entgegen zu wirken?

    Unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit sind neue Verpackungslösungen gefragt. Eines der kritischsten Produkte sind für mich z. B. Zigarettenverpackungen. Hier werden viele verschiedene Verbunde eingesetzt aus Papier mit Aluminium, verschiedene Folien und zuletzt eine Plastikhülle um die Verpackung herum. Dies kann keine Verpackungslösung der Zukunft sein.

    Unsere Teilnehmer möchten die Referenten auch gern persönlich besser kennenlernen. Deshalb noch eine letzte Frage: Wofür begeistern Sie sich neben Ihren beruflichen Aufgaben besonders?

    Obwohl ich als Vertriebsleiterin für Asien schon viel auf Reisen bin, reise ich auch in meiner Freizeit gern. Ich liebe es, abseits der Touristenströme mit Menschen in verschiedenen Ländern in Kontakt zu kommen und deren Kulturen und Lebensweisen kennenzulernen. Auch beruflich ist es für mich wichtig, mich auf andere Kulturen einzustellen, um optimal agieren zu können.

    Frau Andrea Glawe schloss 1992 mit dem Masterstudiengang “Technische Textilien und Verfahrenstechnik” an der Technischen Universität Chemnitz ab.

    Ihre berufliche Laufbahn begann sie von 1992 bis 1993 als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Projektleiterin bei der Textilforschungsanstalt Plauen GmbH und von 1993 bis 2001 beim Textilforschungsinstitut Thüringen-Vogtland e.V. Greiz.

    Von 2001 bis 2011 arbeitete sie als stellvertretende Vertriebsleiterin mit Verantwortung für den technischen Vertrieb und das Projektmanagement bei der Coatema Coating Machinery GmbH in Dormagen.

    Zwischen 2011 und 2012 übernahm sie ihre Verantwortung als R&D-Leiterin DRYTEC GmbH & Co KG in Norderstedt.

    Von Februar 2012 bis September 2015 war Andrea Glawe als Director R&D für alle F&E-Aktivitäten der KROENERT-Gruppe in Hamburg tätig und verantwortete auch das Business Development.

    Seit Oktober 2015 ist sie bei KROENERT als Regional Sales Director für den asiatischen und pazifischen Markt verantwortlich.

    Andrea Glawe ist Mitglied des Strategischen Beirats der LOPEC, der gedruckten elektronischen Ausstellung und Konferenz.