Schlagwort: Kreislauf

  • Holger Eschenburg über die Problematik und den Neustart von Monomaterial und BOPP?!

    Holger Eschenburg über die Problematik und den Neustart von Monomaterial und BOPP?!

    Das Inno-Meeting gilt mittlerweile als deutschsprachiger Branchentreff für Entscheider der Flexpack-Industrie. Was versprechen Sie sich persönlich von einem Beitrag zu dieser Veranstaltung?

    Nach meiner 27-jährigen Tätigkeit in der flexiblen Verpackungsindustrie bin ich sicherlich sehr gut vernetzt. Dennoch bin ich auf den Austausch und das Networking beim Inno-Meeting sehr gespannt. Speziell zu den aktuellen Themen „Recycling & Reduzierung von Plastik“ freue ich mich auf interessante Gespräche und den Erfahrungsaustausch.

    Woran denken Sie bei unserem diesjährigen Fokus Neustart?

    Neustart heißt für mich heute „Umdenken” in der flexiblen Verpackungsindustrie: Nicht nur auf alt bewährte Verpackungen/Barrieren vertrauen, sondern über den Tellerrand hinausschauen und versuchen, mit den neuen, aktuellen Möglichkeiten den Anforderungen Recycling & Plastik-Reduzierung gerecht zu werden.

    Ihr Thema lautet “Neustart für Monomaterial und BOPP?!” Was wird Ihre Kernaussage sein und wo sehen Sie für den Zuhörer in erster Linie den Nutzen?

    Typische Standard-Verbunde bestehen heute aus Mischmaterialien, z. B. PET/OPP/PE, sowie met. Folien und Aluminiumfolien. Diese sind nach dem aktuellen Stand der Recycler problematisch bei der werkstofflichen Aufbereitung von Kunststoffen. Hier möchte ich die Zuhörer auf den aktuellen Stand der Technik bringen, wie Barrieren, Siegeleigenschaften etc. aus  OPP erreicht werden können. Ansätze für die eigene Umstellung, insbesondere zum Thema Recycling, können dann erfolgreich genutzt werden.

    Das Thema, Verpackungsfolien recyclingfähig zu bekommen, beschäftigt Sie sehr. Warum sprechen Sie von Neustart? Ist die Akzeptanz von Monomaterial und BOPP bei Verpackungsverwendern in den letzten Jahren aufgrund der neuen Verpackungsordnung größer geworden oder gibt es noch andere Gründe?

    In der Vergangenheit habe ich häufig in Kunden-Meetings neue Folien präsentiert. Oft bekam ich Antworten wie: „Nein, wir bleiben beim Altbewährten. Hier wissen wir, dass unser Produkt ausreichend Barriere und am Ende des Shelf Lifes unsere geforderte Qualität erreicht.“ Oft hat man die maximal möglichen Barrieren der am Markt erhältlichen Verpackungsmaterialien ausgenutzt. Leider waren Nachhaltigkeit, Recycling und Vermeidung von Plastikabfall meist kein Thema – sicherlich aus Kostengründen.

    2018 war ich hauptsächlich zum Thema Recycling unterwegs. Ich durfte feststellen, dass ein Umdenken stattgefunden hat. Kunden sind heute bereit zu testen und sind offen für neue Ideen. Hier möchte ich aus meinem Erfahrungschatz der letzten Monate berichten und Möglichkeiten aufzeigen, aktuelle Standard-Verbunde „Ready for recycling“ auszurüsten.

    Welche Konsequenzen kann ein Zurückdrängen oder sogar Verbot von bestimmten Verpackungen für die breite Masse und sogar für unsere Industrie haben?

    Der Konsument erwartet heute gewisse Haltbarkeiten von Produkten, z. B. Tee 3 Jahre, Müsli 12 Monate, Schokoladenkekse 12 Monate etc. Logistik, wie Transporte nach Übersee, machen hohe Wasserdampfbarrieren nötig. Die große Frage, die sich stellt: Muss innerhalb Europas immer eine maximale Haltbarkeit erreicht werden oder können wir diese reduzieren und damit die Türen für neue nachhaltige Verpackungen öffnen?

    Wie schätzen Sie persönlich die Zukunft von Kunststoffverpackungen ein? Muss das Rad zurückgedreht werden? Arbeiten Sie an alternativen Systemen?

    Als Angestellter eines Polypropylen-Herstellers muss ich sagen, dass ich der aktuellen Entwicklung ganz gelassen entgegen sehe. Aus meiner Sicht ist das Thema der Zukunft “Recycling und die Wiederverwertung von Verpackungsmaterialien”. Polyproplyen-Folien bieten hier mit den neuen Technologien hervorragende Möglichkeiten. Und: Das Wichtigste ist, dass der Kreislauf wirklich geschlossen werden kann. In den nächsten Jahren werden wir sicherlich Post consumer recyceltes Polypropylen wieder zu einer Folie mit direktem Lebensmittelkontakt verwerten können.

    Bei Folien auf Basis nachwachsender Rohstoffe, biologisch abbaubar etc. sehe ich sicherlich die Tatsache, dass die Folien auf Basis nachwachsender Rohstoffe hergestellt werden, aber am Ende in der thermischen Verwertung landen. Denn: Nicht jeder hat einen Kompost zu Hause bzw. nicht immer wird die Folie den richtigen Weg in die braune Tonne finden.

    Und dann noch eine private Frage: Was begeistert Sie außer Ihrem Beruf sonst noch?

    Ich bin begeisterter Wassersportler. Neben Windsurfen und Segeln verbringe ich viele Stunden auf dem MTB und mache die Berge rund um Köln unsicher.

    Holger Eschenburg (Betriebswirt), Außenwirtschaft an der Aufa in Köln. Seit 1992 arbeitet er in verschiedenen Positionen bei der Firma UCB/Innovia Films im Vertrieb. Er kennt sich besonders gut aus mit der Folienextrusion von Gieß- und Blasfolie sowie mit Barrierefolien (top coationgs EVOH/Alox) und dem Recycling von Folien auf Basis nachwachsender Rohlstoffe.

    Aktuell ist er für den Vertrieb Zentral & Nord Europa zuständig.

     

  • Verpackungssinn und Unsinn (Quo Vadis Verpackungsindustrie?)

    Verpackungssinn und Unsinn (Quo Vadis Verpackungsindustrie?)

    Dieser Tage las ich einen Artikel von Saskia Gerhard (siehe Link weiter unten). In diesem Artikel war zu lesen, dass Mikroplastik mittlerweile überall zu finden ist. Im Eis der Arktis ebenso wie in der Tiefsee. Der drastisch formulierte Bericht rüttelt auf und erinnert an das, was man darüber schon gelesen und gehört hat. Die Fakten des Reports setzen ein Gedankenkaleidoskop in Bewegung.

    Der Ursprung der Mikroplastikteile weltweit dürfte zum großen Teil viele Jahre und Jahrzehnte zurückliegen. Zu Beginn des Booms der Plastikverpackung haben wohl nur die Wenigsten daran gedacht, dass es einmal so weit kommen könnte.

    Neben den vielen anderen Reizthemen, die uns dieser Tage oder seit langem beschäftigen und beunruhigen, ist das Thema Verpackung gar nicht neu. Sehr lange schon sind sich die Verpackungsmittelhersteller ihrer Verantwortung bewusst. Es gibt zahlreiche Vorschläge und mittlerweile probate Lösungen, mit dem überufernden Plastikmüllproblem fertig zu werden oder das Volumen zu verringern.

    Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass moderne Verpackungen – ich selbst beschäftige mich beruflich seit Jahrzehnten mit dem spannenden Thema der flexiblen Verpackungen (FP) – in unserer Welt unabdingbar geworden sind.

    Die Verteilung und im Besonderen die sichere Haltbarmachung von Lebensmitteln im Großen werden nicht möglich sein, wenn – wie vorgeschlagen wird – jeder Kunde im Supermarkt oder beim Fachhändler mit eigenen Gebinden auftaucht. Diese Art von Vorschlägen ist nicht zielführend, denkt man an das urbane Leben in großen Städten oder den Megacities.

    Die Grafik zeigt die Wachstumsentwicklung der Städte bis 2050. Im kleinsten Umfeld könnten solche Modelle sicherlich angewendet werden und den Zweck erfüllen.

    Anteil der Bevölkerung in Städten weltweit von 1985 bis 2010 und Prognose bis 2050

     

     

     

    In einer idealen Welt würde nur genau so viel Verpackungsmaterial eingesetzt wie nötig. Jeder Haushalt würde das Verpackungsmaterial zur Wiederverwendung sortenrein sammeln und der erneuten Verwendung zuführen. Ein weitestgehend perfektes Kreislaufsystem entstünde und würde mit hoher Effizienz der Ressourcenschonung und dem Umweltschutz dienen.
    Diese Gedanken sind zumeist schon gedacht. Der „Grüne Punkt“ ist ein nicht erfolgreicher Versuch, einen Teil des Haushaltsmülls, nämlich den Plastikanteil, zur Wiederverwendung zu sammeln. Das in den Haushalten Vorsortierte endet zumeist in der „thermischen Verwertung“, die, genauer betrachtet, nicht die schlechteste Lösung darstellt.
    Mit hochkomplexen Sortieranlagen sortenreine Kunststoffe zu erhalten und wiederzuverwenden (Kreislauf) ist ein weiterer lohnenswerter Ansatz, der die Techniker dieser Branche sicherlich noch einige Zeit beschäftigen wird. Die endgültige Lösung des Recycelns von Plastikmüll (Plastikrohstoff) wird diese Technik wahrscheinlich nicht sein können.
    Ideal wäre eine Hochbarriere-Verpackung aus nur einem Kunststoffmaterial, durchaus mehrlagig. Die Sortieranlagen hätten es dann sehr leicht. Neuere Entwicklungen zeigen interessante Ergebnisse.

    Aber denken wir weiter. Benötigt wird ein Verpackungsmaterial, das verhindert, dass das, was „draußen“ ist, nicht eindringt und umgekehrt, was „drinnen“ ist, nicht nach außen dringen kann. Das ist sehr einfach formuliert, stellt jedoch in der Summe ein „High-Tech”-Produkt dar, also die moderne (flexible) Verpackung!

    Gehen wir darauf näher ein: Um die Haltbarkeit verpackter Lebensmittel zu gewährleisten, benötigten wir ein Verpackungsmaterial, welches zunächst in die drei Hauptgruppen einzuordnen wäre:

    – Trockene Füllgüter, General Purpose (GP)
    – Flüssige Füllgüter, auch pasteurisiert, Medium Performance (MP)
    – Füllgüter, die pasteurisiert oder sterilisiert werden müssen, High Performance (HP)

    Das Verpackungsmaterial muss selbstverständlich dem jeweiligen Füllgut widerstehen (aggressive Füllgüter).

     

     

     

     

    Wir benötigen für die Form- und Füllprozesse auf schnell laufenden Maschinen Verpackungsmaterialien mit hohen mechanischen Festigkeiten. Ebenfalls ist bei vielen Lebensmitteln der Lichtschutz von großer Bedeutung. Diese technischen Anforderungen sind nur einige der vielen, mit denen sich die Verpackungsindustrie erfolgreich beschäftigt. Die oben genannten Leistungen werden heute von Mehrlagenverbunden perfekt angeboten.
    Die Differenzierungen erlauben selbstverständlich Einzellösungen, z. B. Zweilagenverbunde aus nur einem Kunststoff, mit eingebauter Barriere für die verschiedensten Füllgüter, z. B. flüssige und pastöse Füllgüter.

    Hochbarriere ist ebenfalls zu erreichen, durch SiOx- oder AlOx-beschichtete Materialien. Ein weiterer Schritt zum angestrebten Ziel, aber nicht die „Ultima Ratio“. Dem Leser dieser Zeilen dürfte klar werden, dass moderne Verpackung notwendig ist. Hinterfragen muss man jedoch die „Überverpackung“ von Lebensmitteln oder anderen Gebrauchsgütern. Die Biokunststoffe sind ein Weg, die klassischen Kunststoffe teilweise zu ersetzen; ein weiterer interessanter Baustein. Die „Ultima Ratio“ werden diese Verpackungsmaterialien jedoch auch nicht sein.
    Es besteht kein Zweifel an der Notwendigkeit, dass die verpackende Industrie, Food or non-Food, umdenken muss. Der Gesetzgeber hat bereits deutliche Signale gesendet.
    Vor allem sehe ich die Marketing- und Vertriebsverantwortlichen in der Pflicht. Das Verpackungsdesign der Zukunft wird sich nur noch an praktischen Parametern messen lassen müssen und nicht an Verpackungs-Gimmicks.

    Dipl.Ing. Manfred-Werner Römer

    Saskia Gerhard
    https://www.watson.de/Wissen/Analyse/281486640-Mikroplastik-ist-ueberall–sogar-im-Arktis-Eis–Was-wir-jetzt-noch-tun-koennen
    https://www.watson.de/Leben/Umwelt/338272615-Warum-ist-jedes-Schokobon-einzeln-verpackt—Wir-zeigen-den-Muell-eines-einzigen-Einkaufs

  • Interview mit Albin Kälin zu umfeld- und umweltgerechten Verpackungen

    Interview mit Albin Kälin zu umfeld- und umweltgerechten Verpackungen

    Im Rahmen der Tagung Umwelt- und umfeldgerechte Verpackungen am 4./5. April 2017 in Würzburg referiert Herr Albin Kälin am 4. April über Cradle to Cradle Design – Kunststoffverpackungen für den Kreislauf.

    Albin Kälin ist Gründer und Geschäftsführer der 2009 gegründeten EPEA Switzerland GmbH. Er forciert Cradle to Cradle® Projekte in allen Industrien im Alpenraum, insbesondere in der Schweiz und Österreich. Und entsprechend seiner Kernkompetenz in der Textilindustrie weltweit.

    Von 1981 bis 2004 war er Geschäftsführer der Rohner Textil AG in der Schweiz. Unter seiner Leitung gewinnt das Unternehmen seit den 90er Jahren 19 internationale Auszeichnungen und Designpreise und übernimmt dadurch in ökologischen und ökonomischen Belangen eine weltweit anerkannte Pionierrolle.

    Auf seine Initiative hin lässt sich das Unternehmen 1996 nach ISO 14001 und EMAS zertifizieren. Zugleich regt er 1993 die Entwicklung der Produktlinie Climatex® (www.climatex.com) und somit der ersten Cradle to Cradle® Produkte weltweit an.

    Albin Kälin wird 2001 mit der UBS Key Trophy als Rheintaler Unternehmer des Jahres ausgezeichnet.

    Von 2005 bis Ende 2009 übernimmt er die Geschäftsführung der EPEA Internationale Umweltforschung GmbH in Hamburg.

    Mit der Unterstützung der Wissenschaftler betreibt er von 2007 an zusätzlich intensiv den Aufbau des Geschäftsfeldes Cradle to Cradle® in den Niederlanden. Er übernimmt auch dort das Mandat des Geschäftsführers der 2008 gegründeten EPEA Nederland GmbH. Mit der Gründung der EPEA Switzerland GmbH gab er die Geschäftsführung von EPEA in Hamburg und den Niederlanden ab.

    Die Tagungsüberschrift: Umwelt- und umfeldgerechte Kunststoffverpackungen beschreibt den Spannungsbogen zwischen Marketing-, Konsumenten- und Umweltanforderungen. Wie sehen Sie insgesamt, abgesehen von Ihrem Vortragsthema, die Rolle der Verpackung im gesellschaftlichen Umfeld? Verpacken wir richtig?

    Generell vermissen wir die Verpackung der Zukunft. Zu viele Konzepte sind von der Materialwahl nicht kreislauffähig, wie z. B. Verbundverpackungen, Aluminiumbeschichtungen, Druckfarben, Antimon Schwermetalle in PET, Organohalogene Chemikalien etc.

    Mit Ihrem Thema Cradle to Cradle Design – Kunststoffverpackungen für den Kreislauf – leisten Sie einen inhaltlich sehr gut passenden Beitrag. Was genau werden Ihre Kernaussagen sein?

    Cradle to Cradle Design – Kunststoffverpackungen für den Kreislauf

    • Flexpack fördert Nachhaltigkeit, ist jedoch bisher nicht kreislauffähig, wir zeigen einen Weg auf, wie es funktionieren könnte
    • Die 5 Pfeiler einer Kreislaufzertifizierung (Cradle to Cradle Certified™)
    • Biologische und technische Kreisläufe
    • Cradle to Cradle® Design definiert und entwickelt kreislauffähige Produkte.

    Als Differenzierung zum konventionellen Recycling bleibt die Qualität der Rohstoffe über mehrere Produktlebenszyklen erhalten und es werden ausschließlich „als sicher bewertete Chemikalien“ eingesetzt.

    Die Produktionsverfahren, der Gebrauch und die Wiederverwertung der Produkte werden nach dem Modell gestaltet, die Qualität der Rohstoffe über mehrere Lebenszyklen zu erhalten.
    Das bedeutet: Kein Abfall, alles ist zugleich Nährstoff. Die richtigen Materialien werden in definierten Kreisläufen (Metabolismen) zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort eingesetzt.

    Wo sehen Sie die wesentlichen Denkansätze Ihres Modells Cradle to Cradle – als Wissenstreuhänder?

    Cradle to Cradle® Projekte sind in der Regel komplex. Für die erfolgreiche Entwicklung und Implementierung verfügen wir über umfangreiche/maßgebliche und die entsprechende Erfahrung, Know-How und Referenzen in folgenden Bereichen:

    • Wissenstreuhänder: immer wieder zögern Teile des Projektnetzwerkes, ausführliche Informationen preiszugeben, z. B. über ihre Zulieferer oder Materialien. In diesen Fällen fungiert EPEA Switzerland als Wissenstreuhänder.
    • Akkreditierter allgemeiner Gutachter für die Cradle to Cradle Certified™ oder Material Health Certification.
    • Business Development & Strategic Management (z. B. wirtschaftliche Integration von Rücknahmesystemen).
    • Projektentwicklung, Innovationsmanagement, Change Management (Paradigma Change).
    • Netzwerk-Management für Stoffströme (z. B. Vernetzung der Kreislaufschliessung).
    • Definition alternativer Lösungen (Chemikalien, Rohstoffe, Akteure der Kreislaufschliessung).
    • Marketing und Kommunikation (Unterstützung der Entwicklung von Marketing-Aussagen und Kommunikation).
    • Beratung Zertifizierung (akkreditierte, fachliche Begleitung, Audit bei den Unternehmen).

    Medien und auch die öffentliche Meinung tendieren in jüngerer Vergangenheit eher zu Negativ-Darstellungen von Verpackungen insgesamt. Neben Umweltrisiken werden auch immer wieder Gesundheitsrisiken bemängelt. Wie schätzen Sie das Aufwand-Nutzen-Verhältnis von Verpackungen allgemein und von Kunststoffverpackungen insbesondere ein?

    Die Kritik ist leider mehr als berechtigt. Es fehlen Konzepte von Positivlisten von Chemikalien, Druckfarben und ebenso wird die Lieferkette der eingesetzten Chemikalien nicht ausreichend beherrscht.

    Folienverpackungen werden als Minimalverpackung bezeichnet. Doch in einem Punkt sind sich viele einig – das Recycling ist schwierig und belastet die Ökobilanz der Folie. Wie schätzen Sie diesen Nachteil im Vergleich zu Mehrweg- oder Pfandsystemen ein, wie es uns die Flaschenindustrie vormacht?

    Leider sind die Folienverpackungen per se nicht kreislauffähig. Das muss sich ändern. Auf der Konferenz zeigen wir ein positives Beispiel, das in der Umsetzung ist. Werner & Mertz mit der Marke Frosch nimmt diese Herausforderung als Pionier an.

    Achten Sie auf eine optimale Verpackung, wenn Sie privat einkaufen? Wählen Sie Produkte bewusst oder unbewusst nach der Verpackung und nicht nur nach dem Inhalt aus? Und wie wichtig stufen Sie als Verbraucher und Fachmann das Image eines Packmittels im Vergleich zu alternativen Packmitteln ein?

    Ja, aber leider werden oft Konzepte als “Öko Junk” angeboten. Wir müssen die Verpackungen zukunftsfähig für die kommenden Generationen gestalten.

    Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Was begeistert Sie außerhalb Ihres Berufes?

    Weder Ja- noch Nein-Sager
    Eigentlich bin ich Linkshänder. Als ich in die Schule kam, wurde ich gezwungen, mit rechts zu schreiben. Ich habe damals gefragt, warum, aber keine Antwort bekommen. Diese Erfahrung hat mich gelehrt, nichts zu akzeptieren, dessen Sinn ich nicht einsehe. Ich will mein Leben so gestalten, dass es für mich und für die Gemeinschaft Sinn macht. Im Tun wird sichtbar, wie ich Verantwortung übernehme. Beruflich arbeite ich dafür, Innovationen zu ermöglichen, neue Produktionsformen zu entwickeln, die keinen Abfall mehr produzieren, sondern “Nährstoffe” für weitere Produkte. Indem ich dem alten System neue Wege aufzeige, finde ich einen Mittelweg, wie ich weder Ja- noch Nein-Sager bin und überzeugt meine Verantwortung trage.

  • Das Raumschiff Erde ist vom Nachschub abgeschnitten

    Das Raumschiff Erde ist vom Nachschub abgeschnitten

    Seit Beginn der 1990er Jahre, wenn nicht sogar früher, beschäftigen sich auch Verpackungsunternehmen mit Umweltfragen. Aber was sind das eigentlich für Umweltfragen? Was macht die Verpackung mit der Umwelt? Zunächst einmal nicht viel, da eine gewünschte Eigenschaft der Verpackung die Inertheit ist. Also, dass sie nichts tut. Sie soll das Produkt – und die Umwelt – schützen, ohne negativ zu beeinflussen – so steht es sogar im Gesetz.

    Doch „der Konsument“ sieht das anders: Er nimmt Verpackung  als störend und sogar als Müll wahr – spätestens dann, wenn der Inhalt verbraucht ist.

    environment-1019748_1920Was machen die Konsumenten nach dem Entnehmen der Lebensmittel mit den Verpackungen? Sie führen sie dem Dualen System oder einem seiner Wettbewerber kostenlos zu und obwohl  die Konsumenten sogar selbst die Entsorgung vorher bezahlt haben, sammeln und sortieren  sie wie die Weltmeister. Sie arbeiten somit kostenlos als Mitarbeiter für den grünen Punkt und seine Marktbegleiter.

     

    Wie kann der Handel den Entsorgern die Arbeit und Marge entlocken? Schauen wir doch einmal zu den Getränkeflaschen und dem so genannten Dosenpfand (Pfand auf Getränkegebinde). Hier kassieren die Inverkehrbringer, aber auch der Einsammler – und das gleich mehrfach.

    So profitiert der Abfüller von Einwegsystemen, die mit Pfand belegt sind, von rund 3% nicht zurückgegebener Flaschen, für die aber Pfand eingenommen wurde.

    Zudem profitiert der besonders viel sammelnde Handel, der viele Flaschen zurücknimmt, da er vom Abfüller die Mehrwertsteuer erhält, die er aber dem Kunden gar nicht gezahlt hat – also Steuergeld von Steuerzahlern.

    Das Handelsblatt schreibt: “… Nutznießer sind Filialketten, wo häufig große Mengen an Leergut abgegeben werden, Verlierer sind dagegen Kioske und Tankstellen …” Quelle: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-konsumgueter/einzelhandel-millionen-gewinne-durch-einwegpfand-seite-3/3499108-3.html )

    money-1305121_640Das könnte ein Modell auch für andere Verpackungen werden – denn dann könnte man auch noch den Wertstoff „versilbern“.

    Zudem mutmaßt das Handelsblatt: “… mancher Lebensmittelverkäufer ist sogar ins Entsorgungsgeschäft eingestiegen.“ Quelle: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-konsumgueter/einzelhandel-millionen-gewinne-durch-einwegpfand/3499108.html

    Warum wir uns keine Müllentsorgung im klassischen Sinne mehr leisten sollen und dürfen

    moon-landing-60582_1920Wir Menschen sind wie der zurückgelassene Marsianer  Mark Watney auf dem Mars. Wir sind verdammt, mit unseren Ressourcen zu haushalten. Nur, dass wir nicht wie Mark nur für uns selber, sondern gleichsam für alle 7 Mrd. Menschen und x Billiarden Tiere und Pflanzen Verantwortung tragen, diese aber weder überblicken, noch annehmen, noch wahrnehmen.

    Nun hat nicht jeder den Roman „Der Marsianer“ gelesen oder den Film gesehen. Es geht in kurzen Worten darum, dass ein scheinbar totes Crew-Mitglied allein auf dem Mars zurückbleibt – Mark Watney. Wie durch ein Wunder ist er aber gar nicht tot, sondern nur leicht verletzt. Allerdings hat er viel zu wenig Vorräte und leider auch kein Raumschiff für den Heimweg. Da ergeben sich mehrere Probleme, die rührend, spannend und erschütternd zugleich vom Autor Andy Weirs beschrieben und bis ins Detail, einschließlich seiner Gemütslage, erklärt werden.

    environment-1019749_1920-1_gespiegeltFür jeden Umweltaktivisten ist das eigentlich eine Standardlektüre. Denn hier versteht man sofort, was es heißt, mit limitierten Rohstoffen zu haushalten und was unter Recycling im weiteren Sinne verstehen (verstanden) werden muss – nämlich echte Kreislaufwirtschaft.

    Da wird „Downcycling“ (also das schlechter machen des Werkstoffes durchs Recycling) ganz schnell zum Unwort und aus dem allgemein gültigen Gedankengut verbannt – denn es gibt keinen Nachschub – gar keinen.

    Wer sich diesem Gedanken konsequent nähert, kommt auch zu dem Schluss, dass Verpackungen einfach zu wertvoll sind, um sie der Umwelt oder den Kräften s. g. freier Märkte zu überlassen. Der Wertstoff Verpackung entspringt den Erdressourcen. Im besten Falle führt man sie der Erde wieder zu. Dafür braucht man aber Energie, die wir ebenfalls nur bedingt „gewinnen“ können, ohne diese Erdressourcen zu verbrauchen und oft sogar dadurch irreversibel zu vernichten.

    output-476124_1920Es gibt nämlich keinen Nachschub auf unserem Raumschiff Erde. Auch wenn wir das mit unserem Gehirn nur bedingt verstehen können, da wir so viele Informationen  bekommen, die wir alle gewichten und bewerten wollen. Wir Menschen können nach allen Schätzungen der Naturwissenschaften nicht genug Energie erzeugen, um alles im Kreis zu führen.

    Der Marsianer hat das in seinem ersten Gedanken sofort klar erfasst, als er wieder das Bewusstsein erlangte. Er hatte genug Energie, da ihm Solarstrom für ein ganzes Team zur Verfügung stand, den er ganz alleine verbrauchen konnte.

    Das zu verstehen ist uns allen so einfach bisher nicht vergönnt gewesen. Deswegen empfehle ich auch uneingeschränkt die Lektüre des Marsianers für jeden Lebensmittel- und Verpackungsexperten – also für alle Menschen dieses Raumschiffes Erde, für das es keine Nachschubquellen gibt. Denn wir sind per Erbgut dazu verdammt, Lebensmittelexperten zu sein. Wir kriegen alle irgendwann unbändigen Hunger. Und deshalb geht es uns alle wirklich viel an.

    Aber was bedeutet das nun konkret?

    1. garbage-can-1012454_1920Mülldeponien darf es – wenn überhaupt – nur temporär geben.
    2. Müll gibt es im weiteren Sinne gar nicht, sondern immer nur Wertstoffe einer möglichst „runden und geschlossenen“ Kreislaufwirtschaft.
    3. Insbesondere Rohstoffe aus fossilen Bodenschätzen wie Öl und Gas neigen sich schrittweise, aber schon jetzt, merklich dem Ende entgegen (Peak Oil) – die müssen wir, so lange es geht, bewahren. Sie müssen dem Wirtschaftskreislauf erhalten bleiben.
    4. Zudem sprechen viele vom Peak Soil, den wir schon erreicht hätten. Also den Zeitpunkt, von dem an die bewirtschafteten Flächen an Mutterböden abnehmen.

    Wenn wir also zum Beispiel in Deutschland die Deponierung von Müll weitestgehend ausschließen konnten, klappt das in einigen Ländern des vereinten Europa leider noch gar nicht. Aber das muss der erste Schritt sein, um das rasante Ressourcenschwinden zu bremsen.

    Rohstoffquelle Verpackung – gibt es die?

    Aber was steckt denn nun drin in unseren Verpackungen? Wie kriegen wir das, was vielleicht drinsteckt, denn raus? Ja – da ist sie – genau die Killerphrase, die immer diejenigen einwerfen, die das Recycling kritisieren, da es nicht wirtschaftlich, nicht sicher und schon gar nicht für Lebensmittelverpackungen geeignet sei. Aber das stimmt natürlich nur, solange ein „scheinbarer Nachschub“ gesichert ist. Nimmt man den aber mal als 0 an, sieht die Rechnung anders aus. Dann kann es keine Zweifler mehr geben, die das wirklich durchdacht haben.

    environmental-protection-544198_1920Watney macht aus Raketentreibstoff Wasser für die Zucht seiner Nahrungsquelle Kartoffeln und später wieder aus demselben Wasser Treibstoff. Denn erst braucht er Nahrung – Kartoffeln, die nur mit Wasser wachsen – und danach wieder Treibstoff, um auf das Raumschiff zu gelangen. Also eine vollständige, stoffliche Verwertung in mehreren Phasen bis hin zur finalen „Verbrennung/Verschwendung“, bis uns auch dafür noch etwas Clevereres einfällt. Denn dann ist der Rohstoff endgültig verloren.

    Da geht es nicht, einfach einmal die Augen zu verschließen und auf neue Nachschubquellen wie Wasser- oder Ölreserven in noch nicht entdeckten Landstrichen zu hoffen – auf dem Mars ist eben nur das Wasser, das die Menschen dorthin brachten – zumindest in dem Roman. Und dann geht es auch mit dem Recycling voran – wenn wir müssen. Wir auf der Erde müssten es eigentlich auch – reden aber immer noch drumherum.

    plastic-bottles-115071_1920Richtig gut klappt das schon mit dem PET, welches durch Polykondensation immer wieder prima zu neuem PET „recycelt“ werden kann. So wird aus der Wasserflasche schon heute in vielen Fällen wieder eine Wasserflasche. Wikipedia spricht von einer Quote von 30% aller PET-Flaschen, die einem sortenreinen Recycling zugeführt werden.

    Hier ist das sogar schon wirtschaftlich. Auch wenn dazu etwas Politik und guter Wille nötig waren. Das Pfandsystem kann hier als entscheidende Maßnahme genannt werden – bei all seinen Nebenwirkungen, die es sicher auch hatte und hat.

    Also müssen wir gar keine wissenschaftlichen Herleitungen abhandeln, was in den Verpackungen steckt – die Frage erübrigt sich, da es keinen Nachschub gibt und wir irgendwann das Zeug einfach brauchen werden, wenn wir kein frisches Öl oder andere Quellen zeitnah finden. Entweder, um daraus Verpackungen zu machen oder Treibstoff, um irgendwo – vielleicht auf dem Mars – Ressourcen zu plündern, die auf der Erde nicht mehr vorkommen. Aber selbst dann wäre das Problem nur aufgeschoben.

    Erklären Sie einmal einem Bergmann, dass es Sinn ergibt, Verpackungen nach Gebrauch wieder einzubuddeln, um sie dann irgendwann wieder „zu fördern“. Aber das wäre immer noch besser, als einfach immer alles sinnlos zu verbrennen und endgültig aus dem Kreislauf zu entziehen. Hier wird uns die Biologie in Kombination anderer technischerer Fachgebiete als „Schlüsseltechnologie“ sicher bald weiterhelfen. Aber das übersteigt den Rahmen dieses Artikels.

    Wer muss handeln?

    Jetzt haben wir also schon den Salat und nichts tut sich so recht, oder? Doch – es tut sich viel. Und es ist zu vermuten, dass sich bald noch viel mehr tun wird.

    Der Handel hat das Thema Nachhaltigkeit nun schon seit mindestens 10 Jahren auf seine mittelfristigen Ziele geschrieben – das bringt mächtig Schub, um im Science-Fiction-Sprech zu bleiben. So werden nicht nur Verpackungen immer dünner und leichter gemacht, und so boomen z. B. Beutel & Co. Hingegen nehmen Anteile an schweren Gläsern ab.

    Aber auch die Entsorgung der entleerten Verpackungen treibt den Handel um. Das Geschäft mit den PET-Flaschen scheint so attraktiv zu sein, dass nicht zuletzt durch die Discounter ein deutschlandweites Rücknahmesystem quasi über Nacht entstand. Und das bestimmt nicht, weil das alles solche Umweltschützer sind, sondern weil es  sich lohnt und der Anschub der Politik stark genug war, um die alten Umlaufbahnen zu verlassen. Und wenn sich das mit den Flaschen lohnt, die kaum einen Materialwert darzustellen scheinen, dann sollte es da noch andere Erlösquellen für Rohstoffe geben, oder?

    Jetzt stellen Sie sich einmal vor, daraus entstehen Geschäftsmodelle, an die wir noch gar nicht zu denken wagten. Der Handel motiviert uns Verbraucher, nicht nur den PET-Müll, sondern noch ganz andere Wertstoffe wie Handys oder einfach nur Tragetaschen und Konservendosen nach Entleerung wieder in den Markt zu bringen. Was machen dann die vielen arbeitslosen Müllfahrer? Die auch schon heute kaum mehr gutes PET im Wagen/in der Tonne haben? Und was machen die armen Kommunen mit ihren teuren Müllverbrennungsanlagen, die noch nicht abgeschrieben sind?

    Was passiert, wenn plötzlich die Wertstofftonne kommt und wir gar keinen Müll mehr haben werden Wenn sich Entsorger um die Wertstoffe streiten und Aldi & Co. plötzlich das Geschäft machen, weil die uns Kunden, die den Müll gekauft haben – nämlich uns alle –  schon haben? Sie bräuchten nur ihre Werttschöpfungskette etwas verlängern, oder anders ausgedrückt, daraus eine Wertschöpfungswolke machen.

    taxes-1032644_1920Na, dann schreien wir aber alle schnell nach recyclingfähigen Verpackungen und sind plötzlich ganz verunsichert, wie es denn dem Handel gelungen sein kann, so seine „Marktmacht“ zu stärken. Erst verkauft uns der Handel die Verpackungen – zugegeben – meistens mit dem Inhalt, den wir haben möchten – und dann presst er uns die Wertstoffe wieder ab, die wir dann doppelt bezahlen dürfen – tolle Geschäftsmodelle kann ich mir da vorstellen: Wenn der Handel dann das Packmaterial mit Recyclat vorschreibt, das er selber einsammelt und dann dem Lieferanten günstig anbietet – das ist Kreislauf-Marktwirtschaft, die begeistert. Und das ist nicht ironisch gemeint – das könnte in ähnlicher Form klappen.

    Und nur so – über vernünftige und/oder funktionierende Systeme -schafft man Wandel. Weder Verpackungswirtschaft noch Politik allein können hier etwas tun – aber alle müssen handeln mit dem Handel.

    Weitere Fakten zum Thema finden Sie in unserem Blog http://www.innoform-coaching.de/blog/ . Zudem möchten wir dazu Impulsvorträge auf Entscheiderforen halten. Informationen finden Sie hier: www.innoimpuls.com .