Schlagwort: Kreislaufwirtschaft

  • Herr Dr. Karlheinz Hausmann zu umwelt- und umfeldgerechten Kunststoffverpackungen

    Herr Dr. Karlheinz Hausmann zu umwelt- und umfeldgerechten Kunststoffverpackungen

    Karlheinz Hausmann studierte Werkstoffwissenschaften an der Universtät Erlangen-Nürnberg und der ETH Lausanne. 1987 begann er seine Karriere bei DuPont de Nemours Intl SA in Genf, wo er auf verschiedenen Gebieten in der Polymerentwicklung tätig war und verschiedene Funktionen ausfüllte: Technischer Kundendienst, technische Marktentwicklung, Polymer- und Compoundentwicklung in den Bereichen der Ethylene, Copolymere, Fluoropolymere und technischen Polymere für die Anwendungsbereiche Verpackung, Autoinnenbereich und W&C.

    Besonders gut kennt er sich mit Anwendungen für flexible Lebensmittelverpackungen (Extrusionsbeschichtung, Blasfilm, Foliendesign) und mit erneuerbaren, nachhaltigen und kompostierbaren Materialien und Materiallösungen für die Verpackungsindustrie aus. So ist es auch nicht verwunderlich, dass er auf der Tagung über “Nachhaltige Verpackungen – Lightweighting und Recyclierbarkeit” referiert.

    Seine Lieblingsthemen sind die Ionomere (Surlyn®), Polymermodifikation und Biopolymere.

    Die Tagungsüberschrift: “Umwelt- und umfeldgerechte Kunststoffverpackungen” beschreibt den Spannungsbogen zwischen Marketing-, Konsumenten- und Umweltanforderungen. Wie sehen Sie insgesamt, abgesehen von Ihrem Vortragsthema, die Rolle der Verpackung im gesellschaftlichen Umfeld? Verpacken wir richtig?

    Das kommt drauf an, von welcher Seite Sie es betrachten- auf der einen Seite soll Verpackung schützen, auf der anderen Seite soll Verpackung gar nicht da sein, da sie als Störfaktor angesehen wird, der die Umwelt verschmutzt. Also arbeiten wir daran, die Verpackungsstoffe zu verringern, aber gleichzeitig den Produktschutz beizubehalten. Dies kann zu komplizierteren Strukturen führen, welche deswegen als schlecht recyclierbar eingeschätzt werden, aber in Wirklichkeit genauso gut recyclierbar sind wie ihre dickeren Vorgänger – sie müssen halt nur gesammelt und recycliert werden … dann stellt sich die Frage weniger.

    Der Punkt ist doch, den Verpackungsaufwand zu minimieren und den Produktschutz zu maximieren.

    Mit Ihrem Thema “Nachhaltige Verpackungen – Lightweighting und Recyclierbarkeit” leisten Sie einen inhaltlich sehr gut passenden Beitrag. Was genau werden Ihre Kernaussagen sein?

    Minimierung des Verpackungsaufwandes bei gleichzeitiger Maximierung des Produktschutzes. Recyclierbarkeit ist gegeben und kann durch Kompatibilisatoren optimiert werden, solange der Abfall gesammelt wird.

    An Beispielen wie dem Virtuous Circle in Südafrika kann das aufgezeigt werden. Auf diese Weise erhält der Recyclierprozess sowohl einen sozialen, wirtschaftlichen als auch umweltorientierten Gesichtspunkt. Mehrschichtfolienabfälle aus der Lebensmittelverpackung werden von Schulkindern gesammelt und kommen dann in Form von Schulbänken oder Häusern wieder in dieselben Communities zurück

    Ein weiterer Gesichtspunkt ist das Design zur Recyclierbarkeit. Man sollte bestimmte Komponenten in flexiblen Kunstoffverpackungen minimieren oder vermeiden, um eine gute Recyclierbarkeit zu erzielen, so z. B. Papier, Aluminium oder vernetzte Laminierungsklebstoffe.

    Sie als Rohstofflieferant setzen auf weniger Material. Wie passt das mit Ihren kommerziellen Absatzstrategien zusammen?

    Wir wollen mit Spezialprodukten die Wertschöpfung, zu welcher diese Produkte beitragen, betonen und zur Nachhaltigkeit der jeweiligen Verpackungskonzepte beisteuern, gemäss dem Motto „weniger ist mehr“.

    Medien und auch die öffentliche Meinung tendieren in jüngerer Vergangenheit eher zu Negativ-Darstellungen von Verpackungen insgesamt. Neben Umweltrisiken werden auch immer wieder Gesundheitsrisiken bemängelt. Wie schätzen Sie das Aufwand-Nutzen-Verhältnis von Verpackungen allgemein und von Kunststoffverpackungen insbesondere ein?

    Ohne Verpackungen könnte man Produkte nicht sicher von A nach B transportieren. Vielen Menschen würden sichere und auch hoch qualitative Lebensmittel vorenthalten. Wollte man alle Kunststoffverpackungen durch Metall, Papier etc. ersetzen, wären der Verpackungaufwand und die Umweltbelastung viel grösser. Nur die flexible Kunststoffverpackung erlaubt es, das Produkt mit einem minimalen Kunstoffmaterialverbrauch zu schützen. Deswegen wird sie auch wahrscheinlich nicht gern gesammelt. Und hier muss das Umdenken ansetzen. Wenn sie gesammelt wird, kann die Recyclierung kostengünstiger sein und neue Märkte erschlossen werden.

    Hinsichtlich Gesundheitsrisiken … das ist wohl mit allen Verpackungsarten verbunden, mit recyclierten Kartons wohl noch mehr als mit reinen Kunststoffen. Auch recyclierte Metalle können mit Verunreinigungen behaftet sein. Da hilft nur Kontrolle.

    Folienverpackungen werden als Minimalverpackung bezeichnet. Doch in einem Punkt sind sich viele einig – das Recycling ist schwierig und belastet die Ökobilanz der Folie. Wie schätzen Sie diesen Nachteil im Vergleich zu Mehrweg- oder Pfandsystemen ein, wie es uns die Flaschenindustrie vormacht?

    Alle Ökobilanzen, die ich gesehen habe, sind eigentlich vorteilhaft für Mehrschichtverpackungen, vor allem, wenn man den erzielten Nutzen, also die Vermeidung von Lebensmittelabfällen, mit einbezieht – aber das wird von vielen Leuten ignoriert. Man kann die Ökobilanzen von Verpackung und Lebensmitteln eigentlich nicht trennen – sie müssen als Ganzes gesehen werden. Der Co2 Footprint der Verpackung ist eigenlich klein gegenüber dem Co2 Footprint des Lebenmittels, das geschützt wird und dessen Verderb vermieden wird.

    Auch der Umstand, dass ich mit einer dünnen Folienverpackung 90% des Materials einer dickeren Verpackung ersetzen kann, ist wichtig zu verstehen. Es ist schon mal schwierig, eine Recyclierungsrate von 90 % zu erreichen … und 10 % ist eigentlich nur der Abfall der dünneren Verpackung, welche ich max. produziere … recycliere ich diese dann, erhalte ich eine sehr positive Ökobilanz.

    Achten Sie auf eine optimale Verpackung, wenn Sie privat einkaufen? Wählen Sie Produkte bewusst oder unbewusst nach der Verpackung und nicht nur nach dem Inhalt aus? Und wie wichtig stufen Sie als Verbraucher und Fachmann das Image eines Packmittels im Vergleich zu alternativen Packmitteln ein?

    Ja, bei Fleisch achte ich darauf, Vakuumverpackungen zu kaufen, da diese weniger Material verbrauchen und besser schützen. Auch erachte ich „Mogelverpackungen“ als weniger sinnvoll und versuche das Verhältnis Produktgewicht/Verpackungsgewicht zu maximieren.

    Ja, das Image eines Packmittels ist wichtig – ich versuche, Packungen aus Karton oder solche, die Papier zusammen mit dünnen Kunststoffolien enthalten, zu vermeiden (sehr schlechte Ökobilanz, Kontamination mit Mineralölen, Störung der Recyclierung, wenn mit Kunststoffen verbunden etc.)

    Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Was begeistert Sie außerhalb Ihres Berufes?

    Reisen und das Kennenlernen fremder Kulturen.

     

  • Karsten Schröder über umwelt- und umfeldgerechte Kunststoffverpackungen

    Karsten Schröder über umwelt- und umfeldgerechte Kunststoffverpackungen

    Karsten Schröder studierte Werkstofftechnik. Anschließend sammelte er rund 10 Jahre Erfahrungen bei Bischof und Klein GmbH & Co., Lengerich in der produktionsnahen Produktentwicklung. Als Projektleiter konnte er zahlreiche neue Lebensmittel-und Konsumgüterverpackungslösungen etablieren.
    1998 gründete er die Innoform GmbH und rief mit Herrn Dipl.-Ing. Klaus Behringer im Jahre 2000 den Innoform Testservice ins Leben.
    Im Jahre 2004 gründete er mit seiner Ehefrau Kerstin die Innoform Coaching GbR, die seitdem öffentliche Seminare anbietet.
    Gemeinsam mit Dr. Rainer Brandsch und Klaus Behringer gründete er 2010 die Innoform Consulting GmbH.
    Als Initiator der InnoNET-partners legt er 2008 den Grundstein für projektorientierte Arbeit in virtuellen Teams von hoch spezialisierten Fachleuten unterschiedlicher Disziplinen.

    Am 04./05. April moderiert er die Tagung Umwelt- und umfeldgerechte Kunststoffverpackungen, die Innoform in Kooperation mit dem SKZ in Würzburg auf der Marienfestung veranstaltet.

    Die Tagungsüberschrift: Umwelt- und umfeldgerechte Kunststoffverpackungen beschreibt den Spannungsbogen zwischen Marketing-, Konsumenten- und Umweltanforderungen. Wie sehen Sie insgesamt, abgesehen von Ihrem Vortragsthema, die Rolle der Verpackung im gesellschaftlichen Umfeld? Verpacken wir richtig?

    Obwohl ich ein begeisterter Verpacker bin, denke ich doch, dass wir häufig über das Ziel hinaus schießen und insgesamt zu viele Verpackungen auf den Markt bringen. Aber die Lage ist vielschichtig und komplex. Die Folienindustrie macht vieles richtig, bedenkt aber oft zu wenig das Kundeninteresse.

    So werden beispielsweise extrem dünne Folien, die kaum noch zu handhaben sind, mit Wiederverschlüssen ausgestattet, die kaum praktikabel nutzbar sind. Mir drängt sich oft der Eindruck auf, dass hier dem Auftraggeber zu oft zu wenig Kompetenz entgegen gesetzt wird und alles getan wird, um Kundenforderungen zu erfüllen – egal wie unsinnig die auch sein mögen.

    Ich denke Packmittel-Hersteller dürfen hier noch besser und nachdrücklicher beraten. Das Packmittelwissen liegt beim beim Hersteller und oft verlässt sich dieser auf nicht ganz ausgereifte Forderungen seiner Kunden. Hier täte vielen Lieferanten von flexiblen Verpackung ein aufrechterer Gang sicherlich gut und würde dem Konsumenten zugutekommen.

    Mit Ihrem Thema Die “Materialbank-Idee” als Unterstützung der Kreislaufwirtschaft  leisten Sie einen inhaltlich sehr gut passenden Beitrag. Was genau werden Ihre Kernaussagen sein?

    In einem Video von Prof. Dr. Braungart habe ich gelernt, dass Stoffströme motiviert sein müssen. Das heißt, dass der „Inverkehrbringer“ daran interessiert sein muss, was nach dem Verkauf mit seinem Material passiert. Dafür empfiehlt er, Materialien gar nicht mehr zu verkaufen, sondern zu verleihen.

    Das geht natürlich nicht auf jeder Produktionsstufe und bei jedem Produkt auf Anhieb. Ich denke darüber für Verpackungen nach und diskutiere mit Experten darüber. Einen Zwischenstand werde ich vortragen und damit die Diskussionsplattformen erweitern.

    Medien und auch die öffentliche Meinung tendieren in jüngerer Vergangenheit eher zu Negativ-Darstellungen von Verpackungen insgesamt. Neben Umweltrisiken werden auch immer wieder Gesundheitsrisiken bemängelt. Wie schätzen Sie das Aufwand-Nutzen-Verhältnis von Verpackungen allgemein und von Kunststoffverpackungen insbesondere ein?

    Verpackungen schützen in erster Linie den Inhalt. Das ist ihre Kernaufgabe und damit haben sie einen sehr großen Nutzen für die Menschheit. Dennoch verbrauchen wir als Verpackungsindustrie auch eine ganze Menge Ressourcen und Material. Zudem sind wir in der Kritik, Umweltsünder zu sein. Dass das nicht stimmt wissen nur Experten. Ich möchte einerseits dazu beitragen, dass das Image und das tatsächliche Verhältnis zur Umwelt besser ausfällt für Verpackungen.

    Folienverpackungen werden als Minimalverpackung bezeichnet. Doch in einem Punkt sind sich viele einige – das Recycling ist schwierig und belastet die Ökobilanz der Folie. Wie schätzen Sie diesen Nachteil im Vergleich zu Mehrweg- oder Pfandsystemen ein, wie es uns die Flaschenindustrie vormacht?

    Pfand ist für Folie eher keine Lösung in naher Zukunft. Wer will schon jedes Folienschnipsle wieder in einen Pfandautomaten stecken und wie soll das dann entlohnt werden – das geht eher nur für Flaschen und ähnliche Gebinde wie Getränkekästen oder so etwas. Da Folienverpackungen in der Tat Minimallösungen sein können und sollten, möchte ich Entscheider motivieren darüber nachzudenken, Materialien nicht zu verschwenden und im Kreis zu führen. Auch wenn das im Moment bei Folien nicht sonderlich sinnvoll erscheinen mag, weil es eben schon minimal zu sein scheint. Aber die Mengen sind enorm für den Folienhersteller und das möchte ich klar ansprechen.

    Achten Sie auf eine optimale Verpackung, wenn Sie privat einkaufen? Wählen Sie Produkte bewusst oder unbewusst nach der Verpackung und nicht nur nach dem Inhalt aus? Und wie wichtig stufen Sie als Verbraucher und Fachmann das Image eines Packmittels im Vergleich zu alternativen Packmitteln ein?

    Ich kaufe gerne ein und tue das regelmäßig. Als Verpackungsfan kaufe ich oft unvernünftige, mir unbekannte Verpackungen ein. Insgesamt bemühe ich mich aber Verpackungen zu sparen, indem ich Großpackungen kaufe und manchmal auf Vielfalt verzichte, was mir nicht schwer fällt. Auch das Wiederverwenden von Verpackungen betreibe ich intensiv. So befülle ich Mineralwasserflaschen wieder und nutze Gefrierbeutel z. B. für Brot mehrfach.

    Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Was begeistert Sie außerhalb ihres Berufes?

    Mich begeistert der Mensch an sich mit all seinen Facetten. Zudem bin ich begeisterter Surfer in allen Varianten und liebe das Laufen am Morgen. Mein Ziel ist es irgendwann einmal 40.000 km gelaufen zu haben – also fast einmal um die Erde. Ich habe schon über die Hälfte geschafft.

  • Herr Dr. Helmut Spoo über umwelt- und umfeldgerechte Kunststoffverpackungen

    Herr Dr. Helmut Spoo über umwelt- und umfeldgerechte Kunststoffverpackungen

    Herr Dr. Helmut Spoo studierte Bergbau an der RWTH Aachen und der TU Clausthal. Er war Doktorand im Forschungszentrum Jülich und promovierte an der RWTH Aachen im Bereich Abfallwirtschaft und Recycling zum Dr.-Ing. mit dem Thema “Untersuchungen zur Verwertung und Deponierung von Steinkohlenaschen und Rauchgasreinigungsrückständen”.

    Nach einer mehrjährigen Tätigkeit in den Bereichen Abfall/Recycling, Arbeitsschutz/Gefahrstoffe sowie als Auditor von Qualitätsmanagementsystemen bei einem Technischen Überwachungsverein ist Herr Dr. Spoo seit 1995 als selbstständiger Berater, Gutachter und Referent tätig.

    Herr Dr. Spoo ist Spezialist für Rohstoffgewinnung, Rohstoffaufbereitung und Vermarktung und beschäftigt sich in diesem Bereich intensiv mit innovativen und hochwertigen Verwertungsverfahren und Rücknahmesystemen sowie Ressourcen- und Energieeffizienz.

    Die Tagungsüberschrift: Umwelt- und umfeldgerechte Kunststoffverpackungen beschreibt den Spannungsbogen zwischen Marketing-, Konsumenten- und Umweltanforderungen. Wie sehen Sie insgesamt, abgesehen von Ihrem Vortragsthema, die Rolle der Verpackung im gesellschaftlichen Umfeld? Verpacken wir richtig?

    Verpackungen sind zum Schutz des Füllgutes unverzichtbar. Es wird aber zu viel und vielfach auch unnötig verpackt. Das ärgert den Verbraucher, wie die jüngst publizierte Untersuchung der Verbraucherzentrale NRW gezeigt hat. Der “Schuss” geht für die Verpackungshersteller nach hinten los. So viel Marketing kann gar nicht gemacht werden, um verprellte Kunden wieder zurückzugewinnen. Mittlerweile geht es auch ohne Verpackungen, wie das Projekt „Unverpackt“  am Beispiel Laserkennzeichnung von Bio-Lebensmitteln zeigt.
    Viele Verpackungen sind auch nicht optimal konstruiert. Dies haben eigene Untersuchungen bezüglich der Restentleerbarkeit, d. h. der Entnahme des Füllgutes, gezeigt.

    Für flexible Verpackungen sollte unbedingt ein praktikables Rücknahmesystem aufgebaut und eingerichtet werden, damit diese „High-Tech“-Verpackungen nicht in der Verbrennung landen.

    Mit Ihrem Thema „Circular Economy, die EU-Strategie zur Förderung der Kreislaufwirtschaft“ leisten Sie einen inhaltlich sehr gut passenden Beitrag. Was genau werden Ihre Kernaussagen sein?

    Wir brauchen neben der Energiewende eine Rohstoffwende. Ziel der  “Circular Economy-Strategie”  ist die Förderung  des Recyclings, genau genommen des hochwertigen Recyclings. Quoten allein sagen noch nichts aus. Die Qualität des Recyclings und die Qualität der zurückgewonnenen Sekundärrohstoffe sind von entscheidender Bedeutung, wenn Verwertungskreisläufe auf hohem Niveau geschlossen werden sollen. Die Verbrennung ist die niedrigste Stufe der „Verwertung“, aber letztendlich Rohstoffvernichtung, und sie trägt durch die CO2-Emissionen zur globalen Erwärmung bei. Die Deponierung will die EU in den nächsten Jahren verbieten. Deponieren ist meines Erachtens Verstecken von Rohstoffen und Ausdruck unterlassener Verwertungsbemühungen.

    Über Nachhaltigkeit und Rohstoff-/Ressourceneffizienz wird viel geredet, aber nur wenig tatsächlich getan. Nur eine geringe Anzahl von Unternehmen setzt das wirklich konsequent um. Es herrscht vielfach noch die Denke vor, es wird noch eine ganze Weile so weitergehen wie bisher. Rohstoffe seien noch genügend vorhanden. Dem ist nicht so. Außerdem ist die Verfügbarkeit ungewiss. An den Rohstoffmärkten  sind bereits erhebliche Veränderungen im Gange.

    Medien und auch die öffentliche Meinung tendieren in jüngerer Vergangenheit eher zu Negativ-Darstellungen von Verpackungen insgesamt. Neben Umweltrisiken werden auch immer wieder Gesundheitsrisiken bemängelt. Wie schätzen Sie das Aufwand-Nutzen-Verhältnis von Verpackungen allgemein und von Kunststoffverpackungen insbesondere ein?

    Verpackungen haben eine wichtige Funktion. Neben den Umweltanforderungen muss auch der gesamte Bereich Chemikalienrecht (z. B. REACH oder die POP-Verordnung)  im Blick sein. Die Beispiele Mikroplastik und HBCD-haltige Polystyrolabfälle zeigen – auch wenn es sich hier nicht um Verpackungen handelt – dass eine vernetzte Denkweise wichtig ist, denn Chemikalienrecht hat Vorrang vor dem Kreislaufwirtschaftsrecht. Bei Lebensmittelverpackungen spielt die Schadstoffproblematik eine besonders wichtige Rolle. Diese Thematik ist beim Recyclingprozess zu beachten.

    Wo sehen Sie die Schlüsselstellen für das Gelingen eines echten Kreislaufwirtschaftens?

    Am wichtigsten ist, dass Produkte so konzipiert werden, dass sie kreislauffähig sind. Hier herrscht vielfach noch lineares Denken in den Unternehmen vor.

    Die Herstellung kreislauffähiger Produkte ist eine Querschnittsaufgabe im Unternehmen. Hier müssen alle an einem Strang ziehen. Das gilt auch für den Einkauf, das Marketing und den Vertrieb.

    Voraussetzung für ein wirtschaftliches Recycling ist eine effiziente Erfassungslogistik und die Information des Verbrauchers. Das Ganze muss einfach und bequem sein (Convenience auch in der Retourlogistik). Ferner ist ein intensiver Dialog innerhalb der gesamten Recyclingkette bis hin zum Endverwerter erforderlich. Wir benötigen zudem als Pendant zur globalen Primärrohstoffgewinnung eine globale Kreislaufwirtschaft mit entsprechenden Qualitätskriterien.

    Folienverpackungen werden als Minimalverpackung bezeichnet. Doch in einem Punkt sind sich viele einig – das Recycling ist schwierig und belastet die Ökobilanz der Folie. Wie schätzen Sie diesen Nachteil im Vergleich zu Mehrweg- oder Pfandsystemen ein, wie es uns die Flaschenindustrie vormacht?

    Ich glaube nicht, dass das Recycling schwierig ist. Man muss es nur wollen. Recycling ist nicht gleich Recycling. Ich bin ein Verfechter des hochwertigen Recyclings, also der stofflichen Verwertung, und zwar auf hohem Niveau. Hier ist Spezialwissen gefragt. Ich entwickele High-Tech-Recyclingverfahren unter Einsatz modernster Identifikations- und Sortiertechnik. Downcycling hat keine Chance mehr am Markt. Verbrennen ist kein Beitrag zum Ressourcenschutz und läuft auch den Bemühungen zum Klimaschutz zuwider.

    Und was die Ökobilanz angeht – es ist immer eine Frage der Bilanzgrenzen. Wenn man die Umweltauswirkungen der Primärrohstoffgewinnung monetär bewerten und in die Produkte einpreisen würde, hätte das Recycling eindeutige Vorteile. Diese Betrachtungsweise wird sehr bald kommen.

    Achten Sie auf eine optimale Verpackung, wenn Sie privat einkaufen? Wählen Sie Produkte bewusst oder unbewusst nach der Verpackung und nicht nur nach dem Inhalt aus? Und wie wichtig stufen Sie als Verbraucher und Fachmann das Image eines Packmittels im Vergleich zu alternativen Packmitteln ein?

    Da ich mich beruflich seit Jahren intensiv u. a. mit Verpackungen beschäftige und ich 1998 auch als Gutachter an der Novelle der Verpackungsverordnung (Grüne-Punkt-Fähigkeit von Gefahrstoffverpackungen) beteiligt war, achte ich natürlich auch privat auf optimierte Verpackungen. Die findet man leider selten im Regal. Dennoch gibt es sie. Ich habe eine Prüfmethode und ein patentiertes Prüfgerät zur Untersuchung der Restentleerbarkeit von Verpackungen (z. B. Kanistern) entwickelt und in Zusammenarbeit mit Verpackungsherstellern deren Verpackungen geprüft und auf freiwilliger Basis zertifiziert. Hier lässt sich oftmals mit einfachen Mitteln eine Verbesserung erzielen. Funktionalität, optisches Erscheinungsbild und Anforderungen des Umweltschutzes sind keineswegs Widersprüche.

    Eines Ihrer Lieblingsthemen ist Ressourcen- und Energieeffizienz. Leben Sie das auch privat, wie setzen Sie das um?

    Wer sich mit Rohstoffen, mit Ressourcen- und Energieeffizienz beruflich beschäftigt, sollte sich auch privat diesem Thema widmen, um glaubwürdig zu sein.

    So weit wie möglich achte ich daher darauf. Leider kommen viele Hersteller noch nicht ihrer Produktverantwortung nach. Viele Produkte sind nicht kreislauffähig gestaltet bzw. es fehlen Rücknahmeangebote nach Gebrauch.

    Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Was begeistert Sie außerhalb ihres Berufes?

    Ich bin seit meinem neunten Lebensjahr begeisterter Hobbymusiker. Spiele u. a. Keyboard, Saxophon und noch andere Instrumente und habe in verschiedenen Bands gespielt.

    Ich tanze auch sehr gern, bin gern in der Natur und liebe Kurzreisen, um Land und Leute kennenzulernen.

  • Referenteninterview mit Prof. Dr. Bernd Wilke zum 15. Inno-Meeting

    Referenteninterview mit Prof. Dr. Bernd Wilke zum 15. Inno-Meeting

    Bernd Wilke ist Leiter der Abteilung Engineering & Technology Support bei der Robert Bosch GmbH, Geschäftsbereich Packaging Technology.
    Nach seinem Studium der Lebensmitteltechnologie trat er 1978 in die Robert Bosch GmbH ein. Parallel zu seiner Tätigkeit promovierte er über die Mechanismen der Entkeimung mit Wasserstoffperoxid. Im Jahr 2002 wurde er Honorarprofessor an der Universität Stuttgart-Hohenheim.
    Neben seiner beruflichen Tätigkeit hat Herr Wilke einen Lehrauftrag für Verpackungstechnik an der o. g. Universität sowie am International Packaging Institute in Neuhausen, Schweiz (IPI), inne. Außerdem ist er Mitglied des Vorstandes der “Industrievereinigung Lebensmitteltechnologie und Verpackung” (IVLV) in München, Deutschland.

    Das Inno-Meeting gilt mittlerweile als deutschsprachiger Branchentreff für Entscheider der Flexpack-Industrie. Was versprechen Sie sich persönlich von einem Beitrag zu dieser Veranstaltung?
    Erfahrungsaustausch zu Materialfragen; Pflege des Netzwerkes, Antworten und Diskussionen zu aktuellen rechtlichen Fragen und Initiativen

    Ihr Thema lautet: Auswirkungen der Kreislaufwirtschaft auf Verpackungsinnovationen.
    Was wird Ihre Kernaussage sein und wo sehen Sie für den Zuhörer in erster Linie den Nutzen?
    Einige rechtliche Anforderungen aus dem Kreislaufwirtschaftsgesetz sind nicht zielführend; es werden aber auch positive Beispiele von Verpackungssystemen gezeigt, die der Gesetzesinitiative genügen und sehr wohl dem Nachhaltigkeitsgedanken sowie weiteren Kundenforderungen entsprechen.

    Was bieten Sie in besonderem Maße im Vergleich zu Marktbegleitern Ihren Kunden?
    Die Möglichkeit des one-stop-shopping und von Gesamtlösungen, auch im Sinne der Nachhaltigkeit; eine ausgesprochene Innovationskraft; äußerst zuverlässige Erzeugnisse;  unbedingte Verlässlichkeit.

    Und dann noch eine private Frage: Was begeistert Sie außer Ihrem Beruf sonst noch?
    Meine Familie und ein kirchlich-soziales Ehrenamt.