Schlagwort: Kunststoffe

  • Was sind eigentlich  PE-LD, PE-HD, PE-LLD und LDPE genau?

    Was sind eigentlich PE-LD, PE-HD, PE-LLD und LDPE genau?

    In unserer Reihe “Folienwissen für jedermann” geht es heute um einen dieser Fälle von Namen, die jeder aus der Branche kennt, aber nicht jeder wirklich die Unterschiede weiß. Und das fängt schon mit der Namensgebung an.

    LDPE – klar – kennen wir. Aber dass es eigentlich PE-LD nach Norm ISO 1043 heißen müsste, wissen nur wenige. Grundsätzlich ist es so: Vorne steht das Wichtigste – der Werkstoff als Obergruppe (hier PE). Danach kommen weitere Eingrenzungen innerhalb der Materialklasse (hier LD für Low Density). Und das kann man immer so weiter fortsetzen. Eine typische mono-axial gestreckte PE-LLD Folie heißt dann nach Norm abgekürzt PE-LLD-MO. Das abschließende MO bedeutet nun den Verarbeitungsschritt des monoaxial Orientierens, welcher der Folie in diesem Falle die ganz besonderen Eigenschaften verleiht.

    Ein Beispiel für solch eine Folie ist die Höschenwindel für unseren Nachwuchs. Diese wird deshalb monoaxial orientiert, weil sie winzig kleine Löcher bekommt, die zur Atmungsaktivität beitragen. Diese sind jedoch so klein, dass andere Körperflüssigkeiten, die unsere Kleinen noch nicht so richtig bei sich halten können, nicht auslaufen können. Dampf geht aber durch.

    Ob das heute noch viel gemacht wird, habe ich nicht geprüft. Meine Tochter Mo Marie ist inzwischen 15 Jahre alt. Hier ist ein Originalfoto aus der Anwendungszeit der oben genannten Folien.

    Aber was sind denn nun die Unterschiede zwischen PE-LD, PE-LLD und PE-HD? Wir fangen mal mit den Molekülen an, aus denen bekanntlich das Plastik oder der Kunststoff bestehen. Beim PE-LD sind diese stark verzweigt. Also, die mehr als 100.000 Atome in einer Molekülkette sind nicht einfach hintereinander zusammengebaut, sondern es gibt reichlich Abzweigungen, wie bei einem Kirschbaum mit seinen vielen kleinen Ästen.

    Beim PE-LLD (linear low density) gibt es schon weniger Verzweigungen und jene, die es gibt, sind etwas gleichmäßiger ausgebildet. Beim PE-HD gibt es kaum noch Verzweigungen und diese sind auch sehr kurz. Und genau deshalb lässt sich diese (high density) auch so dicht packen, und dadurch ergibt sich die hohe Dichte.

    Das Interessante an diesen Grundlagen ist, dass sich das mit der schon erwähnten Dichte messen lässt, auch wenn die Dichtebereiche teilweise überlappen, was daher keine eindeutige Zuordnung zulässt. Aber hier einmal eine grobe Einordnung, auf die wir in einer späteren Ausgabe von “Did you know” eingehen werden. Es gibt nämlich noch einige PEs mehr, die wir hier jetzt nicht weiter ansprechen. Festhalten möchten wir dennoch, dass alle Polyethylene und Polypropylene, die zu den Polyolefinen gehören, schwimmen. Das heißt, sie haben eine Dichte kleiner als 1 kg/dm³. Und das unterscheidet sie von allen anderen Kunststoffen, aus denen wir Verpackungsfolien machen. Ein Grund dafür, dass wir so viele Verpackungen im Meer schwimmen sehen. Die anderen Kunststoffe sinken alle zu Boden, wie z.B. Autoreifen aus Gummi.

    BezeichnungDichtebereich
    Plastomere< 0,900 g/cm³
    PE-VLD0,900 – 0,910 g/cm³
    PE-LD0,915 – 0,935 g/cm³
    PE-MD0,935 – 0,945 g/cm³
    PE-LLD0,860 – 0,960 g/cm³
    PE-HD0,945 – 0,965 g/cm³
    PPca. 0,910 g/cm³

    Das war es für heute mit dem #folienwissen von #innoform zum #innotalk

  • Andrea Glawe über Maschinenkonzepte für recyclebare High Performance Verpackungsmaterialien

    Andrea Glawe über Maschinenkonzepte für recyclebare High Performance Verpackungsmaterialien

    Das Inno-Meeting gilt als deutschsprachiger Branchentreff für Entscheider der Flexpack-Industrie. Was versprechen Sie sich persönlich von Ihrem Beitrag?

    Ich freue mich über Kontakte und Informationen entlang der gesamten Wertschöpfungskette, mit Rohstoff- und Folienhersteller, Verpackungsanwendern und Recyclingfirmen. Wir als Maschinenbauer müssen erfahren, welche Entwicklungen die Verpackungsindustrie vorantreibt. Dieses Wissen versetzt uns in die Position, optimal Maschinen und Prozesse an die neuen Anforderungen anzupassen.

    Der Themenschwerpunkt beim diesjährigen Inno-Meeting liegt auf „Handeln“. Anders ausgedrückt: Zeit zum Umdenken. Was fällt Ihnen spontan zu diesem Thema – bezogen auf Verpackungen und Verbraucheranforderungen – ein?

    Durch die Klimaaktionen ist der Fokus der Vermeidung, der Wiederverwendung und des Recyclings von Verpackungen stark in den Fokus der öffentlichen Diskussion gerückt.

    Wie bringt Ihr Unternehmen Handeln nach Ihrer Definition zum Ausdruck?

    KROENERT ist Mitglied im Netzwerk „Blue Competence“ des VDMA, welches den Fokus auf Nachhaltigkeit im Maschinenbau setzt. Wir sehen unseren Beitrag in der Entwicklung von Anlagen mit hoher Energieeffizienz und Prozessen mit geringem Ressourcenverbrauch.

    Ihr Thema lautet „Maschinenkonzepte für recyclebare High Performance Verpackungsmaterialien“. Was wird Ihre Kernaussage sein, und wo sehen Sie für den Zuhörer in erster Linie den Nutzen?

    Ziel ist es, Informationen zu Recycling und Nachhaltigkeit zu vermitteln mit Hinblick auf Entwicklungen im Bereich der Beschichtung und Laminierung von Verpackungsmaterialien.

    Was kann ein Maschinenbauer wie Sie zur Nachhaltigkeit von Verpackungen überhaupt beitragen?

    Es gibt viele neue Entwicklungen im Bereich der Verpackung, Barrierekleber für sortenreine Laminate, dünne transparente Barrieren, neue Verpackungskonzepte. Wir müssen die Maschinen an die sich ändernden verfahrenstechnischen Anforderungen anpassen und neue Maschinenkonzepte entwickeln.

    Im Fokus von Kroenert sind und waren immer die kaschierten Verbunde. Ist das nicht in sich ein Widerspruch zum Wunsch nach modernen, nachhaltigen Verpackungen?

    Nein, ist es nicht. Ein Fokus, z. B. in der Entwicklung neuer Verpackungslösungen, sind sortenreine Laminate aus PE mit PE oder PP mit PP unter Einsatz funktioneller Barrierekleber, die das Recycling der Einkomponentenverpackungssysteme unterstützen.

    Wie schätzen Sie persönlich die Zukunft von Kunststoffverpackungen ein?

    Ohne Kunststoffe können wir Lebensmittel, Medikamente und andere wichtige Produkte nicht schützen. Ziel von Entwicklungen muss es sein, Verpackungen ressourcenschonend einzusetzen und die anfallenden Verpackungen in den Wertstoffkreislauf zurückzuführen.

    Welche Anstrengungen muss die Verpackungsindustrie unternehmen, um dem Plastik-Bashing entgegen zu wirken?

    Unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit sind neue Verpackungslösungen gefragt. Eines der kritischsten Produkte sind für mich z. B. Zigarettenverpackungen. Hier werden viele verschiedene Verbunde eingesetzt aus Papier mit Aluminium, verschiedene Folien und zuletzt eine Plastikhülle um die Verpackung herum. Dies kann keine Verpackungslösung der Zukunft sein.

    Unsere Teilnehmer möchten die Referenten auch gern persönlich besser kennenlernen. Deshalb noch eine letzte Frage: Wofür begeistern Sie sich neben Ihren beruflichen Aufgaben besonders?

    Obwohl ich als Vertriebsleiterin für Asien schon viel auf Reisen bin, reise ich auch in meiner Freizeit gern. Ich liebe es, abseits der Touristenströme mit Menschen in verschiedenen Ländern in Kontakt zu kommen und deren Kulturen und Lebensweisen kennenzulernen. Auch beruflich ist es für mich wichtig, mich auf andere Kulturen einzustellen, um optimal agieren zu können.

    Frau Andrea Glawe schloss 1992 mit dem Masterstudiengang “Technische Textilien und Verfahrenstechnik” an der Technischen Universität Chemnitz ab.

    Ihre berufliche Laufbahn begann sie von 1992 bis 1993 als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Projektleiterin bei der Textilforschungsanstalt Plauen GmbH und von 1993 bis 2001 beim Textilforschungsinstitut Thüringen-Vogtland e.V. Greiz.

    Von 2001 bis 2011 arbeitete sie als stellvertretende Vertriebsleiterin mit Verantwortung für den technischen Vertrieb und das Projektmanagement bei der Coatema Coating Machinery GmbH in Dormagen.

    Zwischen 2011 und 2012 übernahm sie ihre Verantwortung als R&D-Leiterin DRYTEC GmbH & Co KG in Norderstedt.

    Von Februar 2012 bis September 2015 war Andrea Glawe als Director R&D für alle F&E-Aktivitäten der KROENERT-Gruppe in Hamburg tätig und verantwortete auch das Business Development.

    Seit Oktober 2015 ist sie bei KROENERT als Regional Sales Director für den asiatischen und pazifischen Markt verantwortlich.

    Andrea Glawe ist Mitglied des Strategischen Beirats der LOPEC, der gedruckten elektronischen Ausstellung und Konferenz.

  • Ist Bambus-Geschirr gesundheitlich unbedenklich?

    Ist Bambus-Geschirr gesundheitlich unbedenklich?

    Nachhaltig, natürlich, unbedenklich, biologisch abbaubar, kompostierbar, umweltschonend, spülmaschinenfest, aus nachwachsenden Rohstoffen, ökologisch wertvoll, recyclebar, wiederverwendbar, 100 % Bambus … Das sind nur einige Argumente, mit denen die Hersteller ihre Coffee-to-go-Becher als Alternative zu Plastik anbieten.

    Neben Bambus sind aber auch Kunststoffe wie Melaminharz oder Harnstoff-Formaldehydharze enthalten. Dieses Bambusgeschirr hat eine matte Oberfläche und eine Holzmaserung ist nicht zu erkennen.

    Wenn die Becher mit heißen Flüssigkeiten gefüllt werden, die heißer sind als 70 Grad, migrieren die Bausteine des Melaminharzes – Formaldehyd und Melamin – in das Lebensmittel.

    So bestätigte der vzbv ( Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. ), dass 2018 und 2019 ALLE insgesamt 37 untersuchten Proben von Bambusprodukten den Grenzwert für Formaldehyd deutlich überschritten haben, und dass eine Probe zusätzlich den Grenzwert für Melamin nicht eingehalten hat.

    Das Europäische Schnellwarnsystem für Lebensmittel- und Futtermittel hatte schon 2018 in seinem Bericht auf Seite 31 bekannt gegeben, dass der Anstieg der Warnungen für Bedarfsgegenstände um 17 % zum Teil auf „Bambus – Geschirr“ zurückzuführen ist.

    Weitere Informationen finden Sie hier:
    https://www.verbraucherzentrale.nrw/wissen/umwelt-haushalt/produkte/schadstoffe-in-bambusgeschirr-20573

  • Heike Schwertke über typische Abweichungen in Konformitätserklärungen

    Heike Schwertke über typische Abweichungen in Konformitätserklärungen

    Wie sind Sie beruflich mit gesetzlichen Forderungen hinsichtlich Verpackungen befasst und wie genau befassen Sie sich beruflich mit der Bewertung von Lebensmittelkontaktmaterialien?

    Als Leitung des Bedarfsgegenständelabors der Innoform GmbH unterstütze ich unsere Kunden bei der Konformitätsarbeit sowie der Erstellung von Konformitätserklärungen, berate sie bei der Auswahl der erforderlichen Laborprüfungen oder schule die verantwortlichen Mitarbeiter in Unternehmen hinsichtlich der Bewertung von Lebensmittelkontaktmaterialien. Ein großes Aufgabengebiet ist die Prüfung von Dokumenten (Konformitätserklärung und andere sogenannte „Supporting Documents“ wie Prüfberichte, toxikologische Stellungnahmen zur Einstufung von Stoffen etc.) gemäß den gültigen gesetzlichen Vorgaben für die Bewertung von Materialien und Gegenständen, die für den Kontakt mit Lebensmitteln bestimmt sind.

    Wie sollten die Behörden länderübergreifend kooperieren, um im Gesetzesdschungel mehr Sicherheit und mehr Einheitlichkeit für die Inverkehrbringer zu schaffen?

    Die Harmonisierung der Vorschriften sollte eigentlich auf EU-Ebene durch den Erlass von Einzelmaßnahmen für Gruppen von Materialien und Gegenständen erfolgen. Auf Grund des Mangels an Ressourcen durch die Behörden ist das leider ein sehr langwieriger Prozess; aber auch, da die einzelnen EU-Mitgliedsstaaten ihre eigenen Interessen vertreten wollen. Eine Beschleunigung wäre wünschenswert und einheitliche EU-Vorschriften würden mehr Rechtssicherheit innerhalb der Lieferkette bringen.

    In dem föderalen System der Bundesrepublik Deutschland unterliegt die Lebensmittelüberwachung den obersten Landesbehörden, die eine mehrstufige Behördenorganisation bis hin zu den lokalen Ämtern der Lebensmittelüberwachung koordinieren. Der Umfang der Überwachungen, die hinsichtlich Verpackungen durchgeführt werden, erscheint mir regional sehr unterschiedlich. Daher wäre eine einheitliche Vorgehensweise und klare Stellungnahmen hinsichtlich der Auslegung der Vorschriften sehr hilfreich. Diese Stellungnahmen müssten auch interessierten Kreisen zugänglich sein, damit eine einheitliche Umsetzung erfolgen kann.

    Welcher Bereich sollte aus Ihrer Sicht vom Gesetzgeber dringend geregelt werden?

    Für die Konformitätsbewertung von Verpackungen gibt es eine Vielzahl an Regelungen, die meiner Meinung nach einerseits zu wenig bekannt sind und andererseits manchmal nur sehr rudimentär umgesetzt werden. Weitere Regelungen führen nicht unbedingt zu einer Verbesserung der Umsetzung, da gerade kleine Firmen mit der Vielzahl an Anforderungen überfordert sind. Daher wäre eine engmaschigere Aufklärung, z. B. durch die Überwachungsbehörden, sehr hilfreich.

    Natürlich gibt es einige Themen, zu denen ich mir persönlich Einzelmaßnahmen auf EU-Ebene wünschen würde, um zu vermeiden, dass immer mehr einzelstaatliche Regelungen verabschiedet werden, wie z. B. Regelungen für Papier oder Druckfarben.

    Die gesetzlichen Vorgaben werden immer strenger. Welche Konsequenzen kann das für Zulieferer und Hersteller, aber auch für die Verbraucher haben?

    An den gesetzlichen Vorgaben für die Bewertung von Gegenständen und Materialien für den Kontakt mit Lebensmitteln hat sich in den letzten Jahren eigentlich nicht viel Grundsätzliches geändert. Allerdings legt der Handel den Verwendern von Verpackungen zusätzliche Pflichten auf, um unsere Verpackungen „sicherer“ zu machen. Dadurch wird der Aufwand für die Hersteller für die Prüfung und Bewertung der Materialien immer höher.

    Es gibt aber auch immer wieder Vorgaben zum Schutz der Verbraucher, die durch den Druck des Handels schneller umgesetzt werden, wie z. B. die Migration von Mineralölen.

    Wie schätzen Sie grundsätzlich das Risiko nicht gelisteter Substanzen ein?

    Aus nahezu jedem Verpackungsmaterial können Substanzen in ein Lebensmittel migrieren, die nicht absichtlich verwendet werden (NIAS = non-intentionally added substances). Dies sind z. B. Oligomere, aber auch Verunreinigungen und Abbauprodukte der verwendeten Substanzen. Zusätzlich dürfen z. B. bei der Herstellung von Kunststoffen Substanzen verwendet werden, die nicht in der Verordnung (EU) Nr. 10/2011 gelistet sind, wie z. B. Farbmittel, Lösungsmittel, aber auch Hilfsstoffe bei der Herstellung von Kunststoffen (polymer production aids, PPA) und Polymerisationshilfsmittel (aids to polymerisation), die nur eine Funktion im Herstellungsprozess haben und nicht dazu bestimmt sind, im fertigen Gegenstand noch vorhanden zu sein.

    Da oftmals gar nicht bekannt ist, welche Stoffe neben den gelisteten Stoffen migrieren können, ist das Risiko sehr schwer einschätzbar. Gerade im Bereich der Verunreinigungen und Abbauprodukte sind Stoffe dabei, von denen man nicht ausschließen kann, dass sie genotoxisch sind. Von diesen Substanzen ausgehende mögliche Gesundheitsrisiken im fertigen Material oder Gegenstand sollten vom Hersteller gemäß international anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen der Risikobewertung beurteilt werden.

    Aus meiner Sicht besteht eine große Kluft zwischen dieser gesetzlichen Anforderung zur Bewertung und der Realität, die es zu beseitigen gilt. Um möglichst schnell einheitliche Bewertungen zu erhalten, könnten z. B. die von der Industrie abgegebenen toxikologischen Bewertungen häufiger von den Behörden wie der EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) oder dem BfR (Bundesamt für Risikobewertung) überprüft und veröffentlicht werden.

    Wo sehen Sie momentan für Packmittelhersteller besonderen Handlungsbedarf?

    In der Konformitätserklärung für Kunststoffverpackungen muss der Packmittelhersteller unter anderem bestätigen, dass Reaktionszwischenprodukte, Abbau- oder Reaktionsprodukte den einschlägigen Anforderungen der Rahmenverordnung genügen und dass gemäß Artikel 19 der Kunststoff-Verordnung eine Risikobewertung durchgeführt worden ist.

    Insbesondere die Bestimmung von unabsichtlich eingebrachten Substanzen (NIAS) und deren Risikobewertung steckt meiner Meinung nach noch in den Kinderschuhen. Gerade für die vorhersehbaren NIAS, wie z. B. die Oligomere oder die Abbauprodukte von Additiven, sollten sowohl Analysemethoden als auch einheitliche toxikologische Bewertungen vorliegen, damit der Packmittelhersteller am Ende der Herstellkette die gesamte Verpackung ohne hohen Aufwand bewerten kann. Hier ist meiner Meinung nach der größte Handlungsbedarf bei allen Akteuren in der Lieferkette.

    Wie schätzen Sie grundsätzlich die Bedeutung von Grenzwerten, z. B. für spezifische Migrationslimits (SML), ein?

    Grenzwerte sind aus meiner Sicht wichtig für Substanzen, von denen ein Risiko für den Verbraucher ausgeht. Grundsätzlich sind sie hilfreich, um eine einheitliche Bewertung sicherzustellen. Allerdings wäre es wünschenswert, wenn sich die Grenzwerte auf vorhandene toxikologische Risikobewertungen stützten. Leider gibt es auch in den vorhandenen Positivlisten einige Stoffe, deren Grenzwerte historisch bedingt sind. Beschränkungen für sehr flüchtige Monomere, die sich in der Regel bei der Extrusion verflüchtigen, machen aus meiner Sicht weniger Sinn. Da wäre es hilfreicher, Verarbeitungsbedingungen zu definieren, bei denen die Stoffe in der Regel nicht mehr nachweisbar sind, um Kosten für Untersuchungen zu minimieren.

    Da das Risiko nicht nur vom Gefährdungspotenzial, das von einer Substanz ausgeht, abhängig ist, sondern auch von der Exposition (also der Art und dem Ausmaß, in dem Menschen dem Stoff ausgesetzt sind), finde ich unsere Grenzwerte sehr starr. Die Einbeziehung der Exposition in den Rechtsvorschriften ist allerdings sehr schwer, da keine einheitlichen Daten zu den Verzehrgewohnheiten vorliegen, und diese von sehr vielen Faktoren abhängen (Region, Altersgruppe etc.).

    Sie sprechen in Ihrem Vortrag über „Typische Abweichungen in Konformitätserklärungen“. Was sind überhaupt die Gründe für solche Abweichungen und was bewegt Sie besonders in diesem Zusammenhang?

    Aus meiner Sicht haben die Abweichungen ganz unterschiedliche Ursachen. Oftmals hängen sie mit fehlenden Detailkenntnissen zusammen, aber auch mit mangelnder Kommunikation innerhalb der Lieferkette. Schwierigkeiten ergeben sich auch immer wieder durch den Umgang mit vertraulichen Informationen.

    Durch meinen Vortrag möchte ich die Teilnehmer für häufig auftretende Probleme sensibilisieren, damit in Zukunft die ein oder andere Nachfrage vermieden wird.

    Wofür begeistern Sie sich neben Ihren beruflichen Aufgaben?

    Im Sommer genieße ich Bewegung im Freien, wie z. B. beim Inline-Skaten, Wandern oder Radfahren. Eine weitere große Leidenschaft sind Reisen, durch die ich einige andere Kulturkreise kennenlernen durfte, beeindruckende Kulturschätze besichtigt und überwältigende Landschaften erwandert habe. Durch die eigene Organisation vor Ort bin ich oftmals in Kontakt mit der ortsansässigen Bevölkerung gekommen. Diese Begegnungen führen immer wieder dazu, die eigene Lebensweise erneut zu bewerten.

  • Carolina Schweig begreift Design für Recycling als Geschäftsidee

    Carolina Schweig begreift Design für Recycling als Geschäftsidee

    Das Inno-Meeting gilt mittlerweile als deutschsprachiger Branchentreff für Entscheider der Flexpack-Industrie. Was versprechen Sie sich persönlich von einem Beitrag zu dieser Veranstaltung?

    Ich verstehe mich/uns als Inputgeber. Wir arbeiten für Markenartikler und den Handel und stellen immer wieder fest, dass viele Themen im Bereich Verpackung und Nachhaltigkeit weiße Flächen auf der Landkarte sind.

    Das ist schade, denn wir bräuchten viel mehr Lösungen und Vorarbeit, um die Bedürfnisse/Anforderungen unserer Kunden zu erfüllen.

    Ich erhoffe mir, dass die Anregungen aufgenommen und in Projekte umgesetzt werden, damit wir einfach neue innovative Lösungen für Verpackungen zur Auswahl und zum Einsatz haben werden.

    Woran denken Sie bei unserem diesjährigen Fokus Neustart?

    Als wir das Thema hörten und bezüglich eines Vortrages angesprochen wurden, dachten wir an Paradigmenwechsel, neue Denkansätze, neue Produktlösungen – so haben wir dann auch unseren Vortrag konzipiert.

    Ihr Thema lautet “Design für Recycling als Geschäftsidee begreifen”. Was wird Ihre Kernaussage sein und wo sehen Sie für den Zuhörer in erster Linie den Nutzen?

    Wir werden aus unserem Standpunkt heraus aufzeigen, wo es überall in den Wertstoffzyklen Themen gibt, die analysiert, bearbeitet und gelöst werden müssen. Wir wollen unseren Zuhörern gern Anregungen geben, um eigene Lösungen dazu zu erarbeiten, zu investieren und die Lösungen marktfähig zu machen.

    Nachhaltiges Verpackungsdesign stellt maximalen Erfolg bei der Verwertung sicher. Welche Parameter sollten grundsätzlich bei einem nachhaltigen Verpackungsdesign diesbezüglich beachtet werden und warum?

    Maximaler Erfolg, schön wäre es. Ich denke, wir können aktuell froh sein, wenn wir die von der EU vorgegebenen Recyclingquoten erreichen. Und wenn wir es dann noch schaffen, die meisten „Baustellen“ zu identifizieren, an denen noch gearbeitet werden muss (siehe mein Vortrag), können wir uns auf die Schulter klopfen. Über maximalen Erfolg können wir in ein paar Jahren philosophieren.

    Welche Konsequenzen kann ein Zurückdrängen oder sogar Verbot von bestimmten Verpackungen für die breite Masse und sogar für unsere Industrie haben?

    Aktuell stehen wir durch das allgemeine Verständnis eines Design for Recyclings vor der Situation, dass wir Verpackungskonzepte mit geringerem Umweltimpakt teilweise durch Verpackungen mit höherem Umweltimpakt ersetzen, um die aktuelle Recyclingfähigkeit zu erreichen.

    Wie schätzen Sie persönlich die Zukunft von Kunststoffverpackungen ein? Muss das Rad zurückgedreht werden? Arbeiten Sie an alternativen Systemen?

    Wie definieren Sie Kunststoffverpackungen? Gehören Bio-Kunststoffe zu Kunststoffen oder nicht? Wir arbeiten an sehr unterschiedlichen Systemen und Konzepten mit unterschiedlichen Rohstoffen. Es macht keinen Sinn, Materialien auszugrenzen; zielführender ist es, Materialien optimal zu nutzen und all seine Funktionalitäten zu aktivieren – passgenau.

    Und dann noch eine private Frage: Was begeistert Sie außer Ihrem Beruf sonst noch?

    Ich mache gern Outdoor-Sport, habe einen großen Freundeskreis, den ich intensiv genieße, und ich lese gern. Eines meiner Herzensprojekte ist die „Mädchenarbeit“: Mädchen und junge Frauen für Physik und Chemie (= Naturwissenschaften) zu begeistern – an Schulen, im Umfeld …

    Carolina Schweig entdeckte bereits während ihres Studiums der Papier- und Kunststoffverarbeitung in München den Facettenreichtum der Verpackungstechnik für sich. Der Background von Frau Schweig umfasst mittlerweile gut 25 Jahre Verpackung in Deutschland, Europa und Übersee.

    Praktische Erfahrung konnte sie durch ihre Tätigkeiten im Verpackungsmanagement und der Supply Chain bei Beiersdorf AG, Colgate Palmolive, Van Houten (Jacobs Holding) und Alegro = Pepsico Food sammeln.

    Anfang 1997 gründete sie die Verpackungsberatung C.E. Schweig in Mexico. Ursprünglich ins Leben gerufen, um Unilever México lieferantenunabhängig und neutral in der Verpackungsentwicklung und -optimierung zu unterstützen, weitete sich das Tätigkeitsfeld schnell aus. Nach Aufträgen und Arbeiten in Mexiko, Mittelamerika und den USA hat sich Frau Schweig mit ihrer Firma im Herbst 2000 vor den Toren Hamburgs niedergelassen, um von dort aus Kunden im gesamten Bundesgebiet und der Schweiz und Österreich kompetent in allen Verpackungsfragen zu beraten.

     

  • Stefan Hunger über Mehrweg2Go – ein nachhaltiges Qualitäts-Produkt nur aus Plastik

    Stefan Hunger über Mehrweg2Go – ein nachhaltiges Qualitäts-Produkt nur aus Plastik

    Das Inno-Meeting gilt mittlerweile als deutschsprachiger Branchentreff für Entscheider der Flexpack-Industrie. Was versprechen Sie sich persönlich von einem Beitrag zu dieser Veranstaltung?

    Ich würde gern alte Denkmuster durchbrechen und zum Umdenken einladen. “Thinking out of the box” und immer bessere und auch alternative Neuentwicklungen sollten in einem High-Tech-Land wie Deutschland selbstverständlich sein. Ich möchte klar machen, dass neue Materialen keine Bedrohung, sondern eine Chance für die Industrie sind.

    Woran denken Sie bei unserem diesjährigen Fokus Neustart?

    Ich denke dabei nicht, Vorhandenes zu verbessern oder ein bisschen weniger schlecht zu machen, sondern an Neuentwicklungen von Null an. Nur so ist es möglich, neue, bessere Wege zu gehen.

    Ihr Thema lautet “Mehrweg2Go – ein nachhaltiges Qualitäts-Produkt nur aus Plastik”. Was wird Ihre Kernaussage sein und wo sehen Sie für den Zuhörer in erster Linie den Nutzen?

    Die Kernaussage wird sein, dass sich Nachhaltigkeit und Plastik nicht ausschließen müssen. Der großen Mehrheit ist das noch nicht klar, und Kunststoff wird generell verteufelt. Ein Werkstoff mit so hohem Nutzen wie Kunststoff kann – wenn man ihn richtig entwickelt – wesentlich nachhaltiger sein als viele andere Materialien.

    Sie verwenden ausschließlich Kunststoffe, die biologisch abbaubar sind. Auch eine Plastiktüte ist biologisch abbaubar, es dauert „nur“ 400 Jahre. Wie sieht das bei Ihrer Sportflasche aus?

    Eine Langzeitstudie über 400 Jahre können auch wir nicht vorweisen. Allerdings zersetzt sich die Bayonix Bottle rückstandsfrei, sprich, es bleiben weder Mikroplastik noch Schadstoffe zurück. In einem speziellen Verfahren können wir unser Material in wenigen Monaten zu Humus kompostieren.

    Welche Konsequenzen kann ein Zurückdrängen oder sogar Verbot von bestimmten Verpackungen für die breite Masse und sogar für unsere Industrie haben?

    Die breite Masse wird einen Teil der Güter ohne Verpackung einkaufen und einen anderen Teil in Mehrwegverpackungen, wie sie es früher ja schon getan hat. Die Kunststoffindustrie wird keinen Schaden nehmen, wenn der Fokus auf andere Anwendungsbereiche gelegt wird und alternative, völlig neu entwickelte Kunststoffe auf den Markt kommen, die den neuen Anforderungen gerecht werden.

    Wie schätzen Sie persönlich die Zukunft von Kunststoffverpackungen ein? Muss das Rad zurückgedreht werden? Arbeiten Sie an alternativen Systemen?

    Das Rad muss nicht zurück, sondern ein großes Stück nach vorne gedreht werden. Kunststoffe sind ein Segen und aus vielen Anwendungsbereichen nicht mehr wegzudenken. Allerdings ist der Kohlenstoff dieses Planeten endlich. Wenn wir es schaffen, in wirklichen Kreisläufen zu denken und auch zu handeln, können noch viele Generationen nach uns nach Herzenslust konsumieren.

    Und dann noch eine private Frage: Was begeistert Sie außer Ihrem Beruf sonst noch?

    Mich begeistern viele Dinge, wie Festivals, Freunde, Familie, Vereine oder mal ein gutes Buch. Meine Leidenschaft gehört aber dem Sport. Traditionelles Taekwondo, Mountainbiken und Skitouren begeistern mich gleichermaßen.

     

    Stefan Hunger ist Gründer und Geschäftsführer der BAYONIX in Feldkirchen-Westerham. Als Spezialist für Produktion und Fertigungstechnik sowie Lean Management und Kaizen interessiert er sich von jeher für Verbesserungen aller Art.

    Als er Anfang 2015 das Cradle to Cradle Prinzip kennenlernte, sprang sofort der Funke über. Erst gar keinen Müll produzieren, sondern mit Rohstoffen arbeiten, die sich zu 100 % wieder in den Kreislauf einfügen, das hat überzeugt und lässt ihn seitdem nicht mehr los.

    Doch was passiert, wenn man versucht, dies in die Fertigungstechnik eines normalen Betriebes einzubringen? Es hagelt sofort Ablehnung in Form von „das geht nicht, weil …“ oder „das rechnet sich nicht“. Und es stimmt: Das eine oder andere wird nicht gehen, wenn man keine Additive oder andere Problemstoffe nutzt.

    Aber wie lange wollen wir noch warten? Als aktiver Outdoor-Sportler ist ihm das zunehmende Plastikmüll- und Giftproblem, vor allem in Gewässern und den Ozeanen schon lange ein Dorn im Auge. Und als er auf das Cradle to Cradle Prinzip stieß, verstand er auf einmal, was geändert werden muss, wenn die Plastikmüll-Lawine gestoppt werden soll. Produkte zu schaffen, die für die kommenden Generationen Rohstoffe erhalten, erachtet er seitdem als wichtigsten Faktor für die Zukunft unserer Gesellschaft.

    In Zukunft setzt er sein Wissen über Fertigungstechnik nur noch für 100 % kreislauffähige Produkte ein. Mit BAYONIX® möchte er einen Beitrag leisten und Produkte schaffen, die einen positiven ökologischen Fußabdruck hinterlassen.

    Er glaubt, dass wir eine neue Industrie brauchen. Durchaus eine mit Technik und Maschinen, aber eine, die nur noch mit kreislauffähigen Produkten arbeitet. Er möchte sich mit Unternehmen und Menschen verbinden, die auch an dieser Vision arbeiten.

     

     

     

  • Dr. Kenny Saul über virtuelle Assistenzsysteme bei der Folienextrusion

    Dr. Kenny Saul über virtuelle Assistenzsysteme bei der Folienextrusion

    Das Inno-Meeting gilt mittlerweile als deutschsprachiger Branchentreff für Entscheider der Flexpack-Industrie. Was versprechen Sie sich persönlich von einem Beitrag zu dieser Veranstaltung?

    Die Verpackungsindustrie ist eine wichtige Branche für SHS. Als Lösungsanbieter ist es für uns wichtig, über aktuelle Entwicklungen und Innovationen auf dem Laufenden zu sein. Gleichzeitig möchten wir natürlich auch unsere eigenen Innovationen, beispielsweise unsere virtuellen Assistenzsysteme, der Branche präsentieren.

    Woran denken Sie bei unserem diesjährigen Fokus Neustart?

    Die kunststoffverarbeitende Industrie wird sich in den nächsten Jahren gravierend verändern. Die Kombination aus dem Fachkräftemangel in der Branche, gepaart mit den neuen Möglichkeiten der Automatisierung/Digitalisierung, wird dazu führen, dass softwareunterstützte Systeme einen immer größeren Stellenwert gewinnen werden. Für kunststoffverarbeitende Betriebe ist es aus meiner Sicht wichtig, die sich ergebenden Chancen rechtzeitig zu ergreifen.

    Ihr Thema lautet Folienextrusion neu denken. Was wird Ihre Kernaussage sein und wo sehen Sie für den Zuhörer in erster Linie den Nutzen?

    Ich werde in meinem Vortrag den Schwerpunkt auf das Thema „virtuelle Assistenz“ legen. Ein virtueller Assistent hilft dabei, den Produktionsprozess bezüglich Produktqualität, Produktivität und Effizienz stets in einem optimalen Bereich zu betreiben. Dazu ist es notwendig, in manchen Bereichen neu zu denken. Zur Erreichung dieses Ziels ist es notwendig, neuartige Sensorik einzusetzen. Nicht alles ist im Prozess direkt physikalisch messbar; hier kann aber live Simulation ein probates Mittel sein. Weiterhin ist es notwendig, zwischen verschiedenen Anlagen die Kommunikation zu ermöglichen, so dass die Zusammenhänge zwischen Inputs (Prozessparameter und Umgebungsbedingungen) und Outputs (Qualitätsmerkmale) auch zueinander in Korrelation gebracht werden können. Zu diesen Themen möchte ich Informationen geben und aufzeigen, was heute mit modernen Technologien möglich ist.

    Sie entwickeln intelligente Produktionsmaschinen, indem Sie Expertenwissen und Erfahrungsschatz in die Maschinensteuerung implementieren und diese mit Informationen aus Live-Computersimulationen kombinieren. So möchten Sie dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Können Ihre intelligenten Steuerungen den Menschen langfristig ersetzen oder nur zu noch besseren Ergebnissen unterstützen?

    Assistenzsysteme haben die Aufgabe zu assistieren. Das bedeutet, jemandem bei seiner Arbeit behilflich zu sein, ihm lästige und komplizierte Abläufe zu erleichtern. Im Bereich der Fahrzeugtechnik sind Assistenzsysteme nicht mehr wegzudenken: ABS, ESP, ASR, Automatikgetriebe, Spurhalteassistent oder das Abstandsradar – all das sind Assistenzsysteme, die dem Anwender in schwierigen Situationen helfen, die Qualität (in diesem Fall die Fahrsicherheit oder Fahrzeugkontrolle) aufrecht zu erhalten. Wir übertragen diesen Gedanken in unseren Systemen auf kunststoffverarbeitende Prozesse und helfen dem Maschinenbediener dabei, konstant hohe Produktqualität wirtschaftlich zu erzeugen. Auch jüngere Kollegen mit weniger Erfahrungsschatz oder Berufsumsteiger werden somit in die Lage versetzt, den Prozess optimal zu betreiben.

    Welche Konsequenzen kann ein Zurückdrängen oder sogar Verbot von bestimmten Verpackungen für die breite Masse und sogar für unsere Industrie haben?

    Ich finde es oft schwer, über den Sinn oder Unsinn von neuen Gesetzen oder Verboten zu urteilen. In unserer sehr heterogenen Gesellschaft gibt es immer unterschiedliche Interessengruppen und für nahezu jede Entscheidung existieren Vor- und Nachteile gleichzeitig. Derartige Entscheidungen werden oft auf politischer Ebene festgelegt und basieren auf den Informationen, die Politiker von ihren Fachberatern erhalten. Ich erachte es als wichtige Aufgabe, dass die verschiedenen Branchen von Fachberatern (z. B. den Verbänden) gut vertreten werden. Viele Branchenangehörige lehnen jedoch leider eine Mitarbeit in den entsprechenden Gremien oder Beiräten ab, was leider auch dazu führt, dass die wahre Meinung der Branche teilweise nicht ausreichend repräsentiert ist. Dann können solche Verbote natürlich große Auswirkungen auf die Industrie haben. Die Konsequenzen können dann natürlich für einzelne spezialisierte Unternehmen verheerend sein. Aus diesem Grund empfehle ich jedem Unternehmer oder den Führungskräften, den Markt und die politischen Entwicklungen im Blick zu behalten, um frühzeitig reagieren zu können.

    Wie schätzen Sie persönlich die Zukunft von Kunststoffverpackungen ein? Muss das Rad zurückgedreht werden? Arbeiten Sie an alternativen Systemen?

    Kunststoffe sind der Werkstoff des 21. Jahrhunderts. Ich sehe großes Potenzial in Kunststoffen und glaube an ein weiteres Wachstum dieses anpassungsfähigen und perfekt einstellbaren Materials. Wir befinden uns erst am Anfang des Zeitalters von Kunststoffen, auch wenn es sicherlich noch verschiedene Fragestellungen und auch Probleme zu lösen gibt.

    Und dann noch eine private Frage: Was begeistert Sie außer Ihrem Beruf sonst noch?

    Neben meinem Beruf, in dem ich viel Zeit in Besprechungen, Hotels oder auch in Produktionsumgebungen verbringe, zieht es mich in meiner Freizeit gern in die Ruhe der Natur. Ich genieße es, mit meiner Familie Urlaube etwas abseits vom Rummel zu erleben (sofern das in den Schulferien möglich ist). Gerade planen wir eine Reise nach Norwegen mit einem geländegängigen Gespann. Einfach mal „back to the basics“, ohne Frühstücksbuffet etc.

     

    Dr. Kenny Saul ist Geschäftsführer der SHS plus GmbH, einem Unternehmen, das sich auf die Steigerung von Effizienz, Produktivität und Produktqualität in Kunststoffverarbeitungsprozessen konzentriert sowie vielfältige Lösungen aus dem Bereich Industrie 4.0/Digitalisierung und virtueller Assistenzsysteme bietet.

    Neben seiner Position als Geschäftsführer der SHS ist Kenny Saul Privatdozent an verschiedenen Universitäten und Hochschulen und leitet Seminare und Fortbildungen bei unterschiedlichen Trägern.

    Begonnen hat seine Laufbahn nach dem Studium des Maschinen- und Anlagenbaus als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Duisburg-Essen und dem Fraunhofer Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik. Darauf folgend war er Gruppenleiter und später Oberingenieur in einem Forschungsinstitut für die Kunststoffverarbeitung.

  • Referenteninterview:  Immo Sander über nachhaltige und recyclingfähige Verpackungskonzepte bei Werner & Mertz

    Referenteninterview: Immo Sander über nachhaltige und recyclingfähige Verpackungskonzepte bei Werner & Mertz

    Nach einer mehrjährigen Tätigkeit als Maschinen- und Anlagenmonteur bei verschiedenen Firmen studierte Herr Immo Sander  Verpackungstechnik/Drucktechnik an der Hochschule für Wirtschaft, Technik und Kultur Leipzig (FH).  Als Verpackungsentwickler arbeitete er bei Unilever, Plantic Technologies und der Unternehmensgruppe Theo Müller. Seit 2011 ist er Leiter der Verpackungsentwicklung bei Werner & Mertz GmbH.

    Auf der 6. Europäischen Standbeuteltagung am 11./12. September 2018 referiert er über “Nachhaltige und recyclingfähige Verpackungskonzepte als strategisches Marketing- und Unternehmensziel”.

    Sie tragen auf der 6. Standbeutelkonferenz von Innoform vor. Was ist die Kernaussage Ihres Beitrages?

    Wir möchten die Ergebnisse aus einem langjährigen Entwicklungsprojekt vorstellen und aufzeigen, dass es auf dieser Entwicklungsplattform mit Partnern wie der Fa. Mondi Consumer Packaging GmbH, dem Grünen Punkt und EPEA Switzerland (Cradle-to-Cradle®) gelungen ist, ein wirklich nachhaltiges und recyclingfähiges Konzept für den Standbodenbeutel zu entwickeln.

    Welche Zuhörerschaft wünschen Sie sich und warum?

    Um den neuen Marktstandard zu etablieren und weiter zu entwickeln, benötigen „Mitmacher“ aus verschiedenen Bereichen der FMCG-Industrie.

    Wie schätzen Sie insgesamt die Entwicklung des Standbodenbeutels (SUP) bezogen auf Ihr Tätigkeitsgebiet ein?

    Der SUP hat eine große Bedeutung für die Zukunft. SUP’s werden zunehmend als Primärpackmittel und für Nachfüllkonzepte angeboten werden.

    W&M hat sich das Thema Verpackungen und Nachhaltigkeit vorgenommen. Worin sehen Sie den größten Nutzen für Ihr Unternehmen und die Kundschaft insgesamt?

    Der Waschmittelbeutel hat sich sehr gut als Primärpackmittel bei unseren Kunden durchgesetzt und ist mit seiner „weichen“ Haptik, einer sehr guten Restentleerbarkeit und geringem Einsatzgewicht sehr beliebt.

    Worin sehen Sie die Gründe für das stetige Wachstum des Standbeutelmarktes?

    Keine Antwort.

    Wie ordnen Sie den Standbeutel bezogen auf die Forderung nach Kreislaufwirtschaft ein?

    Aktuelle Standards für SUP’s aus mehrlagigen Kunststoff-Verbunden erfüllen nicht die Voraussetzung für ein einfaches, kostengünstiges mechanisches Recycling. Verschiedene Kunststoffe und auch Haftvermittler verhindern ein sortenreines und vor allem einfaches Recycling. Genau deshalb streben wir mit unserem Konzept einen neuen Standard an. Zudem muss die Kennzeichnung von mehrlagigen Verbundaufbauten für den Konsumenten klarer und eindeutiger werden.

    Welches Standbeutelkonzept hat Sie ganz besonders beeindruckt?

    Unsere gemeinsame Neuentwicklung.

    Was empfehlen Sie einem Markeninhaber, der mit Pouches starten möchte?

    Sich alle Stufen der Prozesskette genau anzuschauen – von der Folienherstellung bis hin zur Sortierung und dem mechanischen Recycling. Der Erkenntnisgewinn für die Einordnung des SUP-Konzeptes wird enorm sein!

    Und dann noch eine private Frage: Was begeistert Sie außerhalb Ihrer beruflichen Tätigkeit?

    Menschliche Vernunft und der Anspruch auf Vollständigkeit bei dem Umgang mit Wissen!

     

     

     

  • Andreas Holt über aktuelle Anforderungen und (innovative) Lösungen für integrierte Konzepte in der Materialförderung und für das Dosieren

    Andreas Holt über aktuelle Anforderungen und (innovative) Lösungen für integrierte Konzepte in der Materialförderung und für das Dosieren

    Andreas Holt studierte Kunststoff- und Verfahrenstechnik an der Universität-Gesamthochschule-Paderborn. Er verfügt über 25 Jahre Erfahrung im Kunststoffmaschinen- und Anlagenbau sowie in der Automatisierungstechnik.
    Nach seinem Studium begann er als Projekt- und Vertriebsingenieur bei der iNOEX GmbH, Bad Oeynhausen und arbeitete dort in enger Zusammenarbeit mit den europäischen Extruderherstellern und Endkunden in der Schaffung marktführender Automatisierungslösungen.
    1999 wechselte er innerhalb der VGT Industrie AG, Gruppe zur Theysohn Maschinenbau GmbH, Salzgitter als Vertriebsleiter und baute von 2000 bis 2001 einen neuen Sales- und Servicestandort für die PVC-Extrusion in den USA auf. Nach seiner Rückkehr ins Stammhaus übernahm er in 2002 die Geschäftsführung mit der Verantwortung für die Bereiche Vertrieb und Technik. In dieser Zeit qualifizierte er sich insbesondere in den betriebswirtschaftlichen Bereichen Projektmanagement und Turn-Around Management. Im technischen Bereich setzte er Produkt- und Verfahrensstandardisierungen um und verantwortete globale Compoundier-Anlagenbauprojekte.
    Nach der Übernahme des Geschäftsbereiches Compoundierung durch die Bühler GmbH wechselte Andreas Holt in 2005 als Geschäftsführer zurück zur iNOEX GmbH. Auch in der Funktion als COO suchte er kontinuierlich nach Wachstumspotentialen, setzte gemeinsam mit den Kunden neue Produktlösungen um und führte das Unternehmen erfolgreich sowohl in starken Wachstumsphasen als auch in der „Krise“ 2008/2009.
    In 2011 erfolgte der Wechsel zur Kreyenborg Plant Technology in Senden. Die Aufgabe war gekennzeichnet durch den Aufbau der Gesellschaft nach der Ausgründung aus der Kreyenborg Gruppe. Im Unternehmen leitete er durch neuen Impulse eine Phase dynamischen Wachstums ein, generierte neue Marktzugänge und entwickelte das Produktportfolio und die Organisation von einem Komponenten-Anbieter im Bereich Kunststoff-Schüttgüter zu einem Lösungsanbieter für Kunststoff, Food und Chemie.
    Seit Januar 2016 ist Andreas Holt als selbstständiger Industriedienstleister tätig, wobei die Bereiche Unternehmensberatung und Weiterbildung einen Schwerpunkt bilden. Unter dem Slogan „today – tomorrow – together“ bietet er praxisorientierte Beratungsleistungen mit technischen und organisatorischen Schwerpunkten an.
    In der Extrusion und in der Compoundierung kristallisieren sich eindeutig die Bereiche Mess- und Automatisierungstechnik, Prozessmanagement sowie Investitions- und Ressourcenplanung heraus. Ziel ist es hier, sowohl anlagen- als auch prozessbedingte Verbesserungspotentiale zur Steigerung der Anlageneffizienz, Verfügbarkeit und Reproduzierbarkeit gemeinsam mit dem Kunden zu identifizieren und zu heben.
    Im allgemeinen Maschinenbau liegt der Schwerpunkt darin, unternehmerische oder technische Veränderungssituationen durch aktive Begleitung des Unternehmens zu unterstützen. Das Angebot erstreckt sich von Vertriebs- und Managementprozessen bis hin zu Innovationen im Bereich der Maschine, der Anwendung der Herstellverfahren oder der Modularität von Maschinen und Anlagen.
    Alternative Perspektiven ermöglichen das Beseitigen von Innovations- und Veränderungsbarrieren im Unternehmen, steigern die Effizienz und verbessern die Unternehmenskultur.
    Als Referent ist Herr Holt seit vielen Jahren regelmäßiger Gast bei internationalen Tagungen im Bereich Kunststoffverarbeitung und Recycling, unter anderem auch bei Innoform.
    Seit 2016 ist er Mitglied der InnoNET-partners. Er engagiert an verschiedenen Stellen in der Aus- und Weiterbildung.

    Was hat Sie bewogen, der Einladung von Innoform zu folgen?
    Innoform trifft mit den gesetzten Themenschwerpunkten sehr gut. Gleichzeitig gelingt es Innoform immer wieder, einen hervorragenden Rahmen zum Austausch mit der Industrie zu geben.

    Multilayer ist der Themenschwerpunkt, den das SKZ und Innoform gelegt haben. Was wird Ihre Kernaussage dazu im Rahmen der Tagung sein?
    Die Folien werden zunehmend dünner und leistungsfähiger. Als Resultat werden Multilayer-Verbunde zunehmend komplexer. Die Herstellung erfordert zunehmend aufwendigere Extrusions-Technologien, und die verschiedenen Kunststoffe werden mit immer spezielleren Additiven und Haftvermittlern miteinander verbunden. Diese Komplexität so sicher und flexibel wie möglich herzustellen, stellt neue Herausforderungen an den Extrusionsprozess. Dieses gilt sowohl technologisch als auch für das Prozessmanagement des Extrudeurs.

    Sie referieren über “Aktuelle Anforderungen und (innovative) Lösungen für integrierte Konzepte in der Materialförderung und für das Dosieren”. Welche Dosier-Lösungen favorisieren Sie heute für Multilayer-Folien-Extrusion und warum?
    Das lässt sich sicher nicht in einem Satz beantworten. Multilayer-Folien decken ein großes Anwendungsfeld ab und stellen damit sehr unterschiedliche Anforderungen an die Dosierung und die Förderung. Denken Sie allein daran, wir unterschiedlich die Materialform, die Rieselfähigkeit und auch das Schüttgewicht der verwendeten Kunststoffe und Additive sind. Auch Mahlgut und Recyclate werden zunehmend in Folienverbunden verwendet.
    So unterschiedlich die Extrusionsprozesse auch sind, so ist diesen doch gemein,  dass die Dosierung und Förderung immer die folgenden Kriterien möglichst vollständig abdecken sollte:
    Die bestmögliche Dosiergenauigkeit, schnelle Produktumstellung, einfachste Bedienbarkeit und selbstverständlich auch die vollständige Rückverfolgbarkeit der Produkte sollten heute immer gewährleistet sein. Ohne diese Grundvoraussetzungen ist der nächste, dringend erforderliche Schritt hinsichtlich Industrie 4.0 oder auch Arbeit 4.0 nicht denkbar.

    Wo sehen Sie für Folienhersteller und -Verwender besonderes Innovationspotenzial?
    Ich kenne diese Themen jetzt seit ihren Anfängen zu Beginn der 90er Jahre. Die Extrusionsanlagenhersteller bieten heute die Dosierung in der Regel schon in ihrem Lieferumfang und in die Maschinensteuerung integriert an.
    Häufig fängt der Lieferumfang aber erst beim Materialabscheider der Förderanlage an. Insbesondere immer dann, wenn die Anlage nicht Teil einer vollständig neuen Fabrik ist, ergeben sich bei der Integration in die vorhandenen Strukturen des Folienherstellers vielschichtige Verbesserungspotentiale. Denken Sie nur daran, wie weitläufig die Anlagen sind, wie wenig Personal für Betrieb und Wartung zur Verfügung steht und dass jeder Extrudeur seine neue Anlage in die vorhandene IT-Struktur mit verschiedenen Systemen integrieren muss. Verbesserungspotentiale liegen hier ganz sicher darin, weit über den eigentlichen Automatisierungsgrad der klassischen Maschinensteuerung hinaus zu gucken, die Systeme sinnhaft zu verknüpfen und Fehlbedienungen zu vermeiden. Dieses gilt insbesondere beim Anfahren und Umstellen der Anlagen. Nicht zuletzt sollten moderne Anlagen heute präventive Wartungen ermöglichen. In der Materialförderung werden große Potentiale hinsichtlich Energieeinsparungen, Lärm- und Staubemissionen am Arbeitsplatz nicht genutzt.

    Wie lassen sich Multilayer und Kreislaufwirtschaft für Ihren Einflussbereich miteinander vereinbaren?
    Sie sprechen hier meiner Meinung nach eine der dringlichsten gesellschaftlichen Fragestellungen zum Thema Kunststoff an. Selbst modernste Recycling- und Sortiertechnologien können die Multilayer-Folienverbunde nicht oder nicht wirtschaftlich trennen. Darüber hinaus werden Verpackungen aus unterschiedlichen Kunststoffen in der Sortierung nicht reproduzierbar den richtigen Polymerfraktionen zugeordnet. Werden diese heute recycelt, so ist das Rezyklat letztlich zu einem gewissen Grad ein Verbundwerkstoff bzw. ein Blend. Dieses reduziert die Anzahl der möglichen Wiederverwendungsmöglichkeiten. Neue Lösungen können nur in enger Kooperation der Verpackungshersteller mit den Anlagenherstellern und Recyclern erarbeitet werden.

    Innoform bietet technisch orientierte Tagungen an. Besucher sind in der Regel Fachleute aus der Branche, Hersteller und Verwerter. Was erwarten Sie persönlich von der Zuhörerschaft?
    Viele verschiedene Perspektiven. Innovationen benötigen unterschiedliche Perspektiven und die Bereitschaft, neue Wege gehen zu wollen.

    Konferenzen zum Thema „Kunststoffe in der Verpackung“ erfreuen sich größerer Beliebtheit. Woher kommt Ihrer Meinung nach dieses große Interesse an Wissen und auch Kontakten trotz häufig negativer Berichterstattung in den öffentlichen Medien?
    Gerade weil die Diskussion zur Kunststoffverpackung in den öffentlichen Medien häufig negativ geführt wird, sollte sich unsere Industrie bewusst sein, dass wir bei aller technischer Machbarkeit auch Verpackungen herstellen, bei denen die Funktion “Marketing“ gegenüber dem Schutz des Inhaltes und der Haltbarkeit des Produktes überproportional gewichtet wird. Das macht Verpackung und uns als Kunststoffindustrie angreifbar.
    Ich denke, viele Teilnehmer wollen die Konferenzen auch dazu nutzen, die Kommunikation in der Gesellschaft abzugleichen. Das Positive der Verpackung muss der Gesellschaft genau so bewusst sein, wie die Herausforderungen und Schwächen, die Ressourcenverschwendung und Umweltverschmutzung mit sich bringen. Das kann nur dann gut erfolgen, wenn wir den Wissensaustausch möglichst hoch und alle Beteiligten auf Ballhöhe halten.

    Welchen Einfluss haben Ihrer Meinung nach der gesellschaftliche Druck sowie rechtliche Vorgaben und Kundenanforderungen auf die Innovation in der Herstellung von Multilayer-Folien?
    Das neue Verpackungsgesetz fordert stark steigende Recyclingquoten in relativ kurzer Zeit. Der Gesetzgeber hat mit starken Forderungen auf die öffentliche Diskussion und die offensichtlichen Schwächen im „System Kunststoffverpackungen“ reagiert. Stichworte wie “Design for Recycling“ und nachhaltiger Einsatz von Verpackungen stehen ganz oben auf der Agenda. Das treibt Innovationen an beiden Enden der Wertschöpfungskette. Einerseits bessere Verpackungen und andererseits bessere Recyclingtechnologien. An beiden Fronten kann man viel Neues und starkes Wachstum wahrnehmen.

    Wie schätzen Sie auf einer Skala von 1 (sehr gut) bis 5 (schlecht) die Zukunftschancen für Mehrschichtfolien im Vergleich zu anderen Folienarten ein und warum?
    2 – 3! Die technischen Vorteile überwiegen, und immer mehr Menschen müssen Zugang zu guten und haltbaren Nahrungsmitteln bekommen. Das gelingt nur mit guter Verpackung. Das gesunde Maß darf jedoch, insbesondere bei einer globalen Betrachtung, nicht aus den Augen verloren werden. Wenn uns das wieder besser gelingt, sollte eine klare 2 sicher drin sein.
    Wir dürfen uns auch als Konsument selbst hinterfragen. Ein großer Anteil des rasanten Wachstums von Multilayer-Folien stammt aus dem starken Wachstum im Online-Handel. Hier kann jeder selbst entscheiden, wieviel Verpackung er konsumiert.

    Unsere Teilnehmer möchten Referenten auch gern persönlich besser kennenlernen. Deshalb eine persönliche Frage: Wofür begeistern Sie sich neben Ihren beruflichen Aufgaben besonders?
    Mit zunehmender Lebenserfahrung suche ich den Ausgleich zum beruflichen Alltag. Mein Hobbies Segeln am heimischen Steinhuder Meer und gelegentliches Skifahren und Reisen geben mir und meiner Familie die Möglichkeit zur Entschleunigung und Erholung. Dort, wo Geschichte und Technologie im Vordergrund stehen, lese ich viel und gern. Ansonsten bin ich immer gern unter Menschen.

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

  • Bernd Wilke über Siegeltechniken und ihre Grenzen

    Bernd Wilke über Siegeltechniken und ihre Grenzen

    Nach seinem Studium der Lebensmitteltechnologie trat Bernd Wilke 1978 in die Robert Bosch GmbH ein. Bis Oktober 2017 war er dort beschäftigt, zuletzt als Leiter der Abteilung Engineering & Technology Support, Geschäftsbereich Packaging Technology. Parallel zu seiner Tätigkeit promovierte er über die Mechanismen der Entkeimung mit Wasserstoffperoxid. Im Jahr 2002 wurde er Honorarprofessor an der Universität Stuttgart-Hohenheim.
    Neben seiner beruflichen Tätigkeit hat B. Wilke einen Lehrauftrag für Verpackungstechnik an der o. g. Universität sowie am International Packaging Institute in Neuhausen, Schweiz (IPI) inne. Außerdem ist er Mitglied des Vorstandes der „Industrievereinigung Lebensmitteltechnologie und Verpackung“ (IVLV) in München, Deutschland.

    Was hat Sie bewogen, der Einladung von Innoform zu folgen?
    Es ist ein breites fachkundiges Auditorium vorhanden, das kritisch Stellung bezieht und somit einen guten Austausch ermöglicht.

    Multilayer ist der Themenschwerpunkt, den das SKZ und Innoform gelegt haben. Was wird Ihre Kernaussage dazu im Rahmen der Tagung sein?
    Aufgrund der aktuellen Debatte um teilweise Verbote von Kunststoffpackungen einerseits und Schutzbedarf für die abgepackten Produkte andererseits wird es weiterhin einen stark diversifizierten Markt geben, der nicht nur bestehende Technologien pflegt, sondern auch neue erfordert.

    Sie referieren über “Bewährte Siegeltechniken und ihre Grenzen – und was kommt jetzt?” Polyolefine Folien stellen oft die Siegelschicht. Das Siegeln selbst übernehmen Maschinen. Wo sehen Sie die Hauptinnovationen in diesem Spannungsfeld?
    Hauptinnovationen sehe ich bei neuen Technologien, wie z. B. Induktionssiegeln oder einem sehr gezielten Wärmeeintrag mittels der Cera2Heat-Technologie.

    Wo sehen Sie für Folienhersteller und -Verwender besonderes Innovationspotenzial?
    Aufgrund der gesellschaftlichen Diskussion, auf die ich nachher noch zu sprechen komme, sehe ich hohes Innovationspotenzial bei Bioplastics, also Materialien, die entweder bio-based sind und/oder biodegradable sind. Allerdings bin ich mir sehr wohl auch der Grenzen und der finanziellen Hürden bewusst.

    Wie lassen sich Multilayer und Kreislaufwirtschaft für Ihren Einflussbereich miteinander vereinbaren?
    Durch den Einsatz der gebrauchten Materialien für spätere geringere Anforderungen, also ein downcycling. Das ist natürlich nur bei Verpackungen außerhalb der Lebensmittel denkbar und setzt voraus, dass z. B. farbliche Veränderungen der recyclierten Materialien toleriert werden. Einschränkungen der Funktionalität bei Packungen aus recycliertem Material sind natürlich nicht akzeptabel.

    Innoform bietet technisch orientierte Tagungen an. Besucher sind in der Regel Fachleute aus der Branche, Hersteller und Verwerter. Was erwarten Sie persönlich von der Zuhörerschaft?
    Offene sachliche Diskussionen und einen intensiven Austausch in den Pausengesprächen.

    Konferenzen zum Thema „Kunststoffe in der Verpackung“ erfreuen sich größerer Beliebtheit. Woher kommt Ihrer Meinung nach dieses große Interesse an Wissen und auch Kontakten trotz häufig negativer Berichterstattung in den öffentlichen Medien?
    M. E. ist einer der Gründe, dass die Fachleute um die außerordentlichen Vorteile der Kunststoffe wissen und erkennen, dass ein Verzicht auf Kunststoffe zu einem  signifikanten Anstieg der Lebensmittelverluste führen würde.  Leider ist es uns immer noch nicht gelungen, diese Zusammenhänge in das Meinungsbild der Bevölkerung zu transportieren. Die Fachleute erkennen aber auch, dass u. U. Anpassungen ihrer Produkte nötig sind.

    Welchen Einfluss haben Ihrer Meinung nach der gesellschaftliche Druck sowie rechtliche Vorgaben und Kundenanforderungen auf die Innovation in der Herstellung von Multilayer-Folien?
    Ich befürchte leider, dass es viefach zu einer abwartenden Haltung bei den Folienherstellern kommt, denn Innovationen kosten Geld und erfordern einen langen Atem. Und wenn man nicht weiß, wo die Reise hingeht, dann kann diese gesellschaftliche Diskussion zu einer Innovationsbremse werden.

    Wie schätzen Sie auf einer Skala von 1 (sehr gut) bis 5 (schlecht) die Zukunftschancen für Mehrschichtfolien im Vergleich zu anderen Folienarten ein und warum?
    Nach wie vor hoch, da der Nutzen für die Fachleute unbestritten ist. Aufgrund der gesellschaftlichen Diskussion würde ich aber keine 1, sondern nur eine 2 erwarten.

    Unsere Teilnehmer möchten die Referenten auch gern persönlich besser kennenlernen. Deshalb eine persönliche Frage: Wofür begeistern Sie sich neben Ihren beruflichen Aufgaben besonders?
    Da ich seit kurzem im beruflichen Ruhestand bin, bin ich froh, das berufliche Netzwerk, das über viele Jahre gewachsen ist, pflegen zu können und mich andererseits neuen Aufgaben ohne Tagesgeschäft widmen zu können.  Daneben genieße ich es aber jetzt,  mehr Zeit für meine Hobbys wie Reisen und Literatur und vor allem für meine Familie und unser Enkelkind zu haben.