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  • Anton Schaper über Grenzflächen und warum moderne Folien ein Umdenken bei der Lösung elektrostatischer Probleme erfordern

    Anton Schaper über Grenzflächen und warum moderne Folien ein Umdenken bei der Lösung elektrostatischer Probleme erfordern

    Der Themenschwerpunkt bei der diesjährigen Barriere-Verbundfolien-Tagung liegt auf einfach, optimal und recycelfähig. Ist das Ihrer Meinung nach überhaupt möglich?

    Wir hätten immer gern die Eier legende Wollmilchsau. Die Anforderungen an die Verpackungen sind in den letzten 20 Jahren kontinuierlich gestiegen.
    Die Entwickler, Chemiker und Prozess-Ingenieure haben sich immer neue Raffinessen einfallen lassen, um leistungsfähige Produkte zu kreieren und den Anforderungen ihrer Kunden gerecht zu werden.
    Einfach ist da schon lange nichts mehr. Um auf die verschiedenen Anforderungen der unterschiedlichsten Produkte reagieren zu können, sind die Produktaufbauten immer komplexer und, im wahrsten
    Sinne des Wortes, vielschichtiger geworden.

    – Einfach – wenn wir in den letzten 20 Jahren nicht irgendetwas Grundlegendes übersehen haben, eher nein.

    – Optimal – Bei den breit gefächerten Aufgabenstellungen wohl kaum erreichbar, aber man kann sich annähern. Eine für alle wird immer ein Traum bleiben.

    – Recycelfähig – Sicherlich nicht einfach und abhängig davon, was am Ende daraus werden soll und für wen es sich lohnt.  Wenn die wertvollen in den Produkten verarbeiteten Rohstoffe bei obskuren “Entsorgern” und damit im Meer oder anderswo in der Natur landen, läuft immer noch etwas falsch.

    Welchen Schwierigkeiten sehen sich Verpackungshersteller gegenüber?

    Aus meiner Sicht ist das Thema Recycling bei der Entwicklung der Produkte ein Kostenfaktor, für den der Kunde ungern zahlt. Recyclingfähigkeit verteuert sein Produkt, ohne ihm einen Zusatznutzen zu bieten.
    Seit ein großer Konzern mit seiner Werbe-Kampagne “Geiz ist geil” einen Virus frei gesetzt hat, der nicht nur in den Köpfen der Endverbraucher, sondern auch in den Einkaufsabteilungen in der Industrie angekommen ist, haben es verantwortungsvolle Hersteller von Verpackungen noch schwerer.
    Gerade in Deutschland ersticken wir in einem bürokratischen Schlamm, der durch die EU noch vermehrt wird. Materialien sollen immer billiger werden und gleichzeitig immer mehr können. Das ist ein Spagat, der von den Herstellern kaum noch zu leisten ist. Ich frage mich dabei, ob die ganzen Billig-Produkte aus dem Ausland, gegen die unsere Hersteller tagtäglich antreten müssen, den ganzen staatlichen und durch die EU vorgegebenen Anforderungen wirklich entsprechen.

    Mit welchen unerwünschten Konsequenzen müssen Verpackungshersteller bei der Verwirklichung dieser Forderungen rechnen?

    Auch hier bin ich nicht der richtige Ansprechpartner, aber nach meiner Einschätzung kommen in Zukunft weitere Kosten bei gleichzeitig höherem Kostendruck auf die Hersteller zu. Hier wird Kreativität, Erfindungsreichtum und “Querdenken” immer wichtiger sein. Die Portfolios werden sich deutlich ändern müssen. Und die Vertriebsspezialisten haben die Herkules-Aufgabe, neben dem Produkt-Know-how noch das Werte-Bewusstsein bei ihren Kunden wieder zu wecken.

    Nachdem man in den vergangenen Jahren gelernt hat, die Alu-Verbunde gut in der Griff zu bekommen und nun unter dem Recycling-Gesichtspunkt diese Verbunde durch Kunststoff-Verbundsysteme zu ersetzen beginnt, kommen neben den vielen anderen Anforderungen noch die verschärften Herausforderungen durch elektrostatische Effekte hinzu.

    Die Tagung Barriere-Verbundfolien findet im zweijährigen Zyklus statt. Was waren Ihrer Meinung nach die größten Fortschritte in der Entwicklung innerhalb der letzten zwei Jahre? Können Sie Anwendungsbeispiele nennen?

    Da ich durch meine Tätigkeit zwar in allen Branchen, aber mit eindeutig anderen Schwerpunkten unterwegs bin, gibt es hier Kollegen, die das viel besser beurteilen können.

    Wo sehen Sie in naher Zukunft bahnbrechende Veränderungen im Barrierefolienbereich insgesamt und bezogen auf Barriere im Speziellen?

    In jedem Fall wird auch in Bezug auf die Lösung elektrostatischer Störungen mit ganz anderen Lösungsansätzen zu arbeiten sein. Das ist zwar nur ein Punkt von vielen, aber die Konsequenzen sind durchaus weitreichend. Gerade wenn es um Elektrostatik geht, sind die am Markt üblichen Lösungen oft nur sehr oberflächlich “geplant” und einsetzbar. In Zeiten des Internets wird immer öfter “einfach mal bei Google” geschaut und gekauft, anstatt die Aufgabenstellungen mit einem Experten zu erörtern. So ist es beispielsweise in den vergangen Jahren zu einem Anstieg der Unfälle durch Elektrostatik gekommen und dazu, dass manche Maschinen mit allen möglichen Geräten vollgestopft werden, die nur bedingt helfen oder manchmal im Nachgang für eine Verschlimmerung sorgen.

    Ihr Thema lautet „Grenzflächen – warum moderne Folien ein Umdenken bei der Lösung elektrostatischer Probleme erfordern“. Was wird Ihre Kernaussage sein, und wo sehen Sie für den Zuhörer in erster Linie den Nutzen?

    In der Kürze der Zeit kann ich dieses Thema nur an der Oberfläche ankratzen, aber wenn es mir gelingt, meinen Zuhörern einen erweiterten Blickwinkel für diese Thematik zu ermöglichen, ist das bereits ein Gewinn.
    Sie müssen sich bewusst werden, dass elektrostatische Phänomene viel komplexer sind, als es auf den ersten Blick erscheint und sich diese Aufgabenstellungen nicht im “Google-Shop” lösen lassen, sondern nur, wenn die im Unternehmen Verantwortlichen ihr Know-how aus ihrer täglichen Praxis mit dem Know-how der Spezialisten kombinieren.

    Warum spielen Grenzflächen bei der Folienherstellung und Verarbeitung aus Ihrer Sicht eine so große Rolle?

    Elektrostatik ist immer ein Oberflächen-Phänomen. Für Elektrostatik ist aber jede Grenzfläche eine Oberfläche. Aufladungen können Sie in einem Stapel von Oberflächen einbringen.
    Neutralisieren können Sie nur Oberflächen, an die Sie herankommen. Die Frage aller Fragen ist, was ist aus elektrostatischer Sicht eine Grenzfläche?
    Wie funktionieren die Mechanismen, die in meinem Prozess die Störungen verursachen? Wo sind die Schlüsselpositionen, an denen ich effektiv eingreifen kann? Was hat alles Einfluss auf das elektrostatische Verhalten in meinem Prozess? Habe ich es überhaupt mit Elektrostatik zu tun?

    Wie schätzen Sie persönlich die Zukunft (Barriere-)Verbundfolien ein?

    Man wird sicher nicht ohne sie auskommen, solange wir verderbliche Produkte – seien es Lebensmittel oder Pharmaka – über große Strecken transportieren und für lange Zeit konservieren und vor unterschiedlichen Einflüssen schützen müssen.
    Sicherlich wird es in zukünftigen Jahren in einigen Bereichen ein “zurück zu heimischen Produkten” geben, aber ganz wird man auf Barriere-Folien trotzdem nicht verzichten können.
    Die große Frage ist dann sicher auch oft: Was sind die Alternativen?

    Unsere Teilnehmer möchten die Referenten auch gern persönlich besser kennen lernen. Deshalb noch eine letzte Frage: Wofür begeistern Sie sich neben Ihren beruflichen Aufgaben besonders?

    Außer der Elektrostatik gilt meine Leidenschaft dem Laientheater. Angefangen hatte ich damit, um mein wirklich schlechtes Namensgedächtnis zu trainieren. Mittlerweile spielt das keine Rolle mehr (das Namensgedächtnis ist immer noch schlecht), einfach weil die Menschen in dieser Gruppe und unser Publikum einfach nur toll sind. Ansonsten spiele ich, wenn auch leider nur noch selten, Badminton, male, lese, höre gern Musik und musiziere (nur für’s “stille Kämmerlein”) und betätige mich gern handwerklich. Alles in wechselnder Intensität. Ich liebe Harmonie zwischen den Menschen und hasse den Satz “das geht nicht”.

    Anton Schaper ist gelernter Radio- und Fernsehtechniker.
    Von 1985 bis 1989 bereitete er sich nebenberuflich und autodidaktisch auf die Meisterprüfung vor. Seinen Abschluss machte er 1989.
    Seit 1989 arbeitet er zusammen mit der RHD GmbH als selbstständiger, technischer Berater bei elektrostatischen Aufgabenstellungen in allen Branchen, Montagen, Wartungen, Entwicklungen, Reparaturen und Modifikationen von Ionisationssystemen und erweiterte im Verlauf der Jahre seine beruflichen Aktiviäten auch für die Bereiche optische Inspektion, Drucklufttechnik, Lasertechnik.

  • Ralf Seitter zur Dichtheitsprüfung

    Ralf Seitter zur Dichtheitsprüfung

    Ralf Seitter ist seit 2002 Geschäftsführer der MRS Seitter GmbH. Er hat tiefgreifende Erfahrung im Vertrieb, Service und in der Kalibrierung von Messgeräten für Forschung und Qualitätssicherung. Die Entwicklung spezieller Applikationen zur Permeationsprüfung, Verpackungsprüfung, mechanische Papier- und Folienprüfungen und Wasserdampfdurchlässigkeit sowie die Bewertung des Erscheinungsbildes von Oberflächen und Messgeräte für Lacke und Farben gehören zu seinen Kernkompetenzen.

    Am liebsten beschäftigt er sich mit der Bestimmng der Wasserdampfdurchlässigkeit von Baustoffen (auf PE- und PP-Folien) und von Textilien.

    Was hat Sie bewogen, der Einladung von Innoform zu folgen?

    Ich bin in regelmäßigem losen Kontakt mit Herrn Schröder – wenn man mit kreativen Köpfen ab und an telefoniert, dann kommt auch ab und an ein Vorschlag zu einem Vortrag dabei heraus.

    Multilayer ist der Themenschwerpunkt, den das SKZ und Innoform gelegt haben. Was wird Ihre Kernaussage dazu im Rahmen der Tagung sein?

    Multilayer ist nicht mein perönlicher Schwerpunkt, sondern wie man verschiedene Parameter dieses Werkstoffes prüft. Aber generell ist für mich Verpackung nicht böse.

    Sie referieren über “Leckprüfung – Stand der Technik und der Normung”. Worauf sollte man aus Ihrer Sicht bei der Wahl eines Dichtheitsprüfsystems speziell für Siegelnähte achten?

    Ich denke, das Gerät sollte auf die Verpackung abgestimmt sein, d. h. die Messgrenze sollte den Anforderungen des Produktes an die Verpackung entsprechen. Auch wäre es schön, wenn das Gerät ohne Hochschulabschluss zu bedienen wäre.

    Klar wäre im Hinblick auf Industrie 4.0 eine vollautomatische und zerstörungsfreie 100 %ige Prüfung genial, nur werden sich das nur Globalplayer preislich leisten können, und auch diese Anlagen sind in der Performance begrenzt. Deshalb liegt mein Schwerpunkt im Bereich Schutzgasverpackungen in einfachen, präzisen Leckprüfgeräten in der “unteren” Preisklasse (unter € 10.000,-) für kleine und mittlere Betriebe, die bereits Geräte zur Messung der Gaskonzentration im Kopfraum der Verpackung (eingedeutscht: Headspaceanalyser) nutzen. Besonders wichtig finde ich, dass das Gerät die Leckrate quantifizieren kann und nicht nur schlecht oder gut sagen kann – dazu mehr in meinem Vortrag.

    Wo sehen Sie für Folienhersteller und -Verwender besonderes Innovationspotenzial?

    In der Senkung des Energie- und Rohstoffverbrauches. Kompostierbare Folien haben ihren Reiz, sollten aber nicht auf Kosten der Lebensmittelerzeugung gehen. Wir haben es mit dem “Bio”-Anteil im Sprit gesehen – es bringt nichts.

    Wie lassen sich Multilayer und Kreislaufwirtschaft für Ihren Einflussbereich miteinander vereinbaren?

    Die Erhöhung der Mindesthaltbarkeit vermindert Lebensmittelwegwurf – damit hat der Multilayer schon seinen Dienst erfüllt, und eine Papierverpackung ist sicher auch nicht “grün”.

    Innoform bietet technisch orientierte Tagungen an. Besucher sind in der Regel Fachleute aus der Branche, Hersteller und Verwerter. Was erwarten Sie persönlich von der Zuhörerschaft?

    Ich würde eher sagen, was die Zuhörer vom Referenten erwarten dürfen: Die Zuhörer bezahlen für die Tagung. Dafür sollten sie auch korrekte “Ware” erhalten, also objektive, informative Vorträge, frei von übertriebener (Eigen)Werbung des Referenten.

    Konferenzen zum Thema „Kunststoffe in der Verpackung“ erfreuen sich größerer Beliebtheit. Woher kommt Ihrer Meinung nach dieses große Interesse an Wissen und auch Kontakten trotz häufig negativer Berichterstattung in den öffentlichen Medien?

    Vermutlich, weil die Hersteller raus aus der bösen Ecke möchten – wobei ja die Ecke nicht böse ist. Jeder Ansatz dazu ist willkommen. McDonalds hat es vorgemacht: Das Logo von rot auf grün geändert … aber das können die Multilayerhersteller besser.

    Welchen Einfluss haben Ihrer Meinung nach der gesellschaftliche Druck sowie rechtliche Vorgaben und Kundenanforderungen auf die Innovation in der Herstellung von Multilayer-Folien?

    Die Entwicklung von “Bio”-Folien – ob das Sinn macht, kann ich leider nicht beurteilen – habe aber so meine Bedenken.

    Wie schätzen Sie auf einer Skala von 1 (sehr gut) bis 5 (schlecht) die Zukunftschancen für Mehrschichtfolien im Vergleich zu anderen Folienarten ein und warum?

    Da habe ich ehrlich gesagt keine Ahnung davon.

    Unsere Teilnehmer möchten die Referenten auch gern persönlich besser kennenlernen. Deshalb eine persönliche Frage: Wofür begeistern Sie sich neben Ihren beruflichen Aufgaben besonders?

    Mountainbike fahren und das Schrauben an Fahrrädern generell. Das beschäftigt micht zur Zeit am meisten nebenher.