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  • Referenteninterview mit Julian Thielen über den Standbeutel als Rohstoff

    Referenteninterview mit Julian Thielen über den Standbeutel als Rohstoff

    Der gebürtige Dürener Julian Thielen lebt und arbeitet in Köln. Nach dem Studium der Verfahrenstechnik Papier und Verpackung (B. Eng) in München und der Verpackungstechnik (M. Eng) an der Beuth Hochschule in Berlin arbeitete er als Business Development Engineer in den USA und anschließend in der Anwendungstechnik bei Bischof + Klein in Lengerich. Anfang 2018 wechselte er dann zur Interseroh nach Köln, um sich der neuen Herausforderungen des Verpackungsgesetzes anzunehmen und Verpackungsdesign „Made For Recycling“ voranzutreiben. Bereits vor und während des Studiums sammelte er Erfahrung in der Verpackungsentwicklung (Markenartikler und Eigenmarkenhersteller), Wellpappherstellung und Folienproduktion und hat so einen umfassenden Blick auf das Thema Verpackung. Am liebsten beschäftigt er sich mit Technologien für recyclingfähige Verbunde und mit dem Thema, wie sich recyclinggerechte Verpackungstechnik mit Innovationskraft verträgt.

    Sie tragen auf der 6. Standbeutelkonferenz von Innoform vor. Was ist die Kernaussage Ihres Beitrages?

    Verpackungen müssen recycelbarer werden und hier stehen gerade flexible Verpackungen an einem Scheidepunkt. Komplexe Verbundaufbauten müssen durch Folien- und Beschichtungs-Know-how vereinfacht werden, damit weniger „für die Tonne“, also nicht für ein mögliches Recycling, sondern die reine Müllverbrennung produziert wird.

    Welche Zuhörerschaft wünschen Sie sich und warum?

    Dieses Thema betrifft die gesamte Wertschöpfungskette vom Rohstoffhersteller bis zum Abverkauf und POS. Hier ist jeder für seinen Teil in der Verantwortung, den nachfolgenden Partner zu unterstützen. Auf Verpackungsdesigner kommt auch eine verantwortungsvolle Aufgabe der richtigen Kommunikation zu, um hier ein „Grey Washing“ zu vermeiden.

    Wie schätzen Sie insgesamt die Entwicklung des Standbodenbeutels (SUP) bezogen auf Ihr Tätigkeitsgebiet ein?

    Da hat sich mein Tätigkeitsfeld viel mehr um den Standbeutel entwickelt als andersrum. Seit 2015 war ich im internationalen Maschinenvertrieb, in der Beutelherstellung und nun im Recyclingtätig. Dabei war Recyclingfähigkeit stets ein Thema und ist nun Hauptbestandteil meiner (Aufklärungs-)Arbeit.

    Wie schätzen Sie die realen Chancen einer Wiederverwertung in Europa von nennenswerten Standbeuteln ein? Ist der nicht viel zu klein für heutige Sortiertechnik?

    Vermeidung steht immer über dem Recycling. Standbodenbeutel bieten hier aufgrund des minimalen Materialeinsatzes ein sehr gutes Grundgerüst. Wenn man sich die Titel der zurückliegenden Standbeutelkonferenzen einmal ansieht, ist daran eine rasante Entwicklung abzulesen. „Von der Nische zum Mainstream“ war es schon 2014. Wenn die ganzen installierten Anlagen zur Herstellung und Befüllung von Standbodenbeutel zukünftig mit Recyclingmaterial versorgt werden, ist das Potenzial enorm.

    Worin sehen Sie die Gründe für das stetige Wachstum des Standbeutelmarktes?

    Ein wesentlicher Aspekt war im Grunde die Nachhaltigkeit. Durch den Einsatz dünner Verbundschichten schont man den Einsatz fossiler Rohstoffe – konträr zur Recyclingfähigkeit. Convenience und On-The-Go-Verköstigung sind weitere Aspekte, die zur steigenden Akzeptanz führten.

    Wie ordnen Sie den Standbeutel bezogen auf die Forderung nach Kreislaufwirtschaft ein?

    Ich sehe vor allem ein sehr großes Imageproblem kommen. Bereits heute haben Folienverpackungen ein schlechteres Image in der Bevölkerung als die Verpackung selbst. Wenn hier nicht schnell auf recyclingfähige Alternativverbunde umgestellt wird, werden Beutel das Image „nicht recycelbar“ nie mehr abschütteln können.

    Welches Standbeutelkonzept hat Sie ganz besonders beeindruckt?

    Der Einzug der Ultraschalltechnologie ist hier sicher wesentlich. Denn sie hat die Herstellung von Mono-Beuteln prozesstechnisch wirklich vereinfacht. Hinzu kommen die Folienexperten, welche das notwendige Temperaturdelta zur thermischen Herstellung von Mono-Standbeuteln auf ein nie da gewesenes Maximum getrieben haben. Know-how auf allen Ebenen.

    Was empfehlen Sie einem Markeninhaber, der mit Pouches starten möchte?

    Holen Sie sich maximales Wissen über Folientechnologien ins Haus (z.B. Innoform), um mitreden zu können. Ein direkter Draht zu Recyclingspezialisten hilft dabei, das AfterLife der Verpackung zu bewerten und zu verbessern und so ein ganzheitliches nachhaltiges Bild zu bekommen.

    Und dann noch eine private Frage: Was begeistert Sie außerhalb Ihrer beruflichen Tätigkeit?

    Musik – in Theorie und Praxis.

     

  • Neues vom Standbeutel 2014

    Neues vom Standbeutel 2014

    Die Entwicklung der letzten Jahre mit Ausblick bis 2018

    Neuigkeiten im Regal

    Was hat den Beutel gestärkt und was fehlt ihm noch?

    Ende 2010 habe ich die Entwicklung der Standbeutel von 1962 bis dato mit einem perspektivischen Ausblick in die nahe Zukunft beschrieben. Heute möchte ich mich mit der inzwischen eingetretenen Realität dieser flexiblen und erfolgreichen Verpackungsart befassen und einen Ausblick bis 2018 vorstellen.

    Inzwischen ist neben der dominanten Marke Capri-Sonne, inzwischen auch mit einem wiederverschließbaren konturierten Beutel am Markt, der Tiernahrungsbeutel mit signifikant größeren Mengen an seine Seite getreten. Der eine wird nach wie vor heiß abgefüllt, wo hingegen die Tiernahrungsbeutel „retort“ im Autoklaven verarbeitet werden.

    Mit unglaublicher Dynamik und großen Mengenzuwächsen ist seit Anfang 2013 der Beutel für Kindernahrung, Fruchtpürees und Energy Drinks in dieses Marktsegment eingetreten. In den USA belegt diese Produktgruppe inzwischen mindestens 40% der Regalfläche mit beiden Varianten der Verarbeitung. Alles sind Beutel mit Ausgießern, womit sich eine vormals teure und komplexe, aber verbraucherfreundliche Packung einen beachtlichen Marktanteil erobert hat und begonnen hat, das Glas zu ersetzen. Hier wird deutlich, wie die Hersteller auf Kundenbedürfnisse eingehen und damit über große Auftragsvolumen für nun auch preiswertere Packmittel sorgen.

    Der Trend „on the go“ bildet inzwischen nicht nur Produktnamen, sondern hat dem Wunsch der Mobilität dadurch Rechnung getragen, dass der wiederverschließbare Beutel dieser flexiblen und ökologisch vorteilhaften Packung mehr Bedeutung zukommt. Dies gilt insbesondere auch gut kleinvolumige Packungen. Aber auch bei großen Volumen hat der Beutel seinen Markt gefunden, wie zum Beispiel bei Scheibenreinigern für den PKW. Hier hilft ein Ausgießer, das Nachfüllen der Waschanlage erheblich zu erleichtern, ohne dass das Produkt verschüttet wird. Hier kommt dem Beutel seine „Flexibilität zugute, da er seinen Inhalt ohne „BLUB“ abgeben kann. Deshalb ist insbesondere der Ausgießer ein integrales Element der Beutel und wird damit zum wichtigen Bestandteil für den Verbraucher und die Verarbeitungstechnik.

    Zwar sind immer noch Beutel ohne den Wiederverschluss für Getränke und Tiernahrung in der Überzahl, aber auch Capri Sonne hat inzwischen den Vorteil des Wiederverschlusses erkannt und bietet den Beutel nun in einer attraktiven Form auch für den ökologisch sensiblen Verbraucher an.

    Der Vormarsch des Ausgießers und seine Herausforderungen

    In meiner letzten Darstellung war an dieser Stelle noch kein Beutel mit Ausgießer zu sehen. Das hat sich aus den vorgenannten Gründen erheblich gewandelt. Zum einen sind die gestiegenen Mengen für eine Kostenreduktion dieses Bauteils verantwortlich und zum anderen wird dadurch die Fülltechnologie erheblich beeinflusst. Bisher ist das Füllen und Siegeln oder Formen – Füllen – Siegeln (FFS) im Fokus gewesen. Nun wird mit dem kleinen stabilen Teil an einem flexiblen Beutel diese Verarbeitung vor nicht unerhebliche Probleme gestellt: Wie sicher ist noch FFS, wenn auch der Ausgießer eingesetzt werden muss, und wie fülle ich den gefertigten Beutel – nun mit Ausgießer – auf einer Füll- und Siegelanlage sinnvoll? Bei der erhöhten Nachfrage nach Beuteln mit Wiederverschluss tritt vermehrt der Weg des Füllens und Verschraubens in den Vordergrund. Dies hat erhebliche technische Vorteile:

    Beim Füllen von stabilen Behältern entsteht durch das Entweichen von Luft und durch das Eindringen der Flüssigkeit Schaumbildung. Deshalb muss bei aufgesetztem Füllventil auf den Hals einer Flasche eine technisch aufwendige Ventiltechnik mit meist Unterspiegel-Füllung eingesetzt werden, welche auch das simultane Entweichen der Luft nötig macht. Fast ebenso problematisch ist das Füllen und Versiegeln von Beuteln. Auch hier tritt erhebliche Schaumbildung auf, was das sichere Versiegeln des Beutels verhindern kann. Diese Probleme treten bei einem (fast) luftleeren Beutel nicht auf. Es ist technisch einfacher und deshalb kostengünstiger. Trotz des kleineren Öffnungsdurchmessers, wodurch nun der Beutel gefüllt und dann verschraubt wird, kann das Produkt mit hohem Druck eingeschossen werden, wodurch gleichzeitig der Beutel geöffnet wird.

    Hierdurch hat sich eine neue Technologie für das Verarbeiten des Beutels entwickelt. Der Ausgießer benötigt nun am Hals ein technische Führung, um so eine einfache Zuführung zur Füllmaschine zu erreichen. Einige Packmittelhersteller liefern deshalb auch den Beutel auf einer U-Schiene, die dann mehrfach verwendet werden kann. Dieses zu erst in Japan eingesetzte System hat sich inzwischen in Europa aber auch in Asien, Nord und Südamerika durchgesetzt. Bei steigenden Mengen ist diese Art der Verarbeitung nicht unproblematisch.

    Die Schienen müssen an den Hersteller zurück geschickt werden, weil diese sonst berechnet werden. Der Ausweg aus diesem logistisch komplexen Weg liegt in der Einführung eines Systems, welches den Prozess des Einsetzens des Ausgießers der Füll- und Verschraubmaschine vorgeschaltet wird. Diesen Systemgedanken hat sich ein großes Pharmaunternehmen schon vor vielen Jahren zueigen gemacht und mit vielen Millionen Beuteln damit erhebliche Kosteneinsparungen erreicht. Inzwischen ist die Technologie weiter vorangeschritten, wodurch die Anschaffungskosten solch eines Systems erheblich reduziert wurden, höhere Leistungen erreichbar sind und eine große Prozessstabilität erzielt wird. All diese Gesichtspunkte erlauben es, dem Beutel mit Wiederverschluss eine verheißungsvolle Zukunft vorauszusagen.

    Die Prognosen von Schönwald Consulting bestätigen diesen Trend mit Steigerungsraten je nach Produktgruppe von 10 bis 25% pro Jahr. Betrachtet man den Großraum Europa, dann ergeben sich aus den erreichten Mengen in 2013 und den Prognosen bis 2018 erhebliche Kapazitäten an zu bauenden Maschinensystemen, wie zuvor beschrieben. Das weltweite Wachstum ist noch erheblicher, weshalb die gesamte Ausarbeitung von Schönwald Consulting eine Bibel zur Entscheidung für Beutelinteressierte ist.

    Verbrauchsangaben in Millionen Packungen für Europa

    Quelle: Schönwald Consulting

    Vergleiche zu früheren Untersuchungen ergeben, dass die Zahlen erheblich gestiegen sind und insbesondere die Zuwachsraten der Beutel mit Ausgießer in der erreichten Menge und in den Prognosen belegen, wie sich diese Produktgruppe zukünftig als Konkurrent kleinerer Packungsgrößen zur PET-Flasche und zum Milchkarton entwickeln wird.

    Diese Zahlen sind mir mit Genehmigung von Schönwald Consulting zur Verfügung gestellt worden. Das betrifft auch die beiden Aufteilungen weiter unten. Die gesamte Studie ist ein Standardwerk für jedes Unternehmen, welches sich mit dem Beutel als Packmittel auseinandersetzt.

    Der Blick in die Regale belegt diesen ungebrochenen Trend, der auch durch günstige Kostenvergleiche zugunsten des Beutels in der Größe bis 300 ml belegt wird:

    Hier eine Besonderheit aus China: Ecolean besetzt hier gegen den Milchkarton Milch im Beutel mit dem attraktiven Luftgriff. Sicher eine Entwicklung, die dem Marktführer im Milchkarton zu Denken gibt und auch inzwischen von Hemme Milch in Norddeutschland häufiger im Regal zu sehn ist.

    Daneben ein Beutel mit einer verspielten Form, der in China besonders attraktiv die junge Generation anspricht.

     


    Auch wenn hier der Eindruck entsteht, dass ich den Fokus zu sehr auf China und USA lege, so ist es doch wichtig, den Blick nach draußen zu wagen: Die globale Vernetzung sowie die Entwicklung auf den anderen Seiten von Europa scheint mir wichtig, weshalb trotzdem eine Vertiefung des Marktes in Europa nicht fehlen soll:




    Quelle Schönwald Consulting

     

    Was hat den Beutel gestärkt und was fehlt ihm noch

    Ende 2012 hat selbst die New York Times – nicht gerade eben bekannt für Beobachtungen der Verpackungsentwicklungen – in einem Artikel auf das enorme Wachstumspotential dieser Verpackung aufmerksam gemacht. Damit wird der Beutel in den Fokus des Verbrauchers gerückt, wodurch auch die ältere Generation auf diese Art des Konsums von Flüssigkeiten aufmerksam gemacht wird. Ebenso wird vom „kollabierenden“ Beutel – und damit so einfach benutzbar – beim Nachfüllen der Flüssigkeit für die Scheibenreinigung des so geliebten PKWs im Unterbewusstsein der Beutel positiv wahrgenommen. Diese Verpackungsart ist die leichteste mit entsprechender Standfähigkeit am POS.

    Aus meiner Sicht fehlen aber dem Beutel noch einige wichtige Entwicklungsschritte:

    1. Biologisch abbaubare Folie und Ausgießer mit guten Eigenschaften zum Siegeln und mit Barriere. Immer wieder wird dies vom Kunststoff gefordert, ist aber nicht immer sinnvoll mit den notwendigen Eigenschaften einer Verpackung zu vereinigen. In erster Linie muss der Schutz des Produktes stehen, was bei dieser Folienart für Beutel z. Z. nicht erreichbar ist.
    2. Neben der biologischen Abbaubarkeit erscheint es mir noch wichtiger der Folie eine Recyclefähigkeit zu geben ohne die Barriereeigenschaften zu vernachlässigen. Hier scheinen Untersuchungen zu laufen, wie dieses Ziel einer Folie aus Polyolefinen erreicht werden kann.
    3. Der meist aus PE oder PP gespritzte Ausgießer hat im Gegensatz zur heute eingesetzten Folie keine Barriere. Damit besteht die Gefahr einer optischen und geschmacklichen Veränderung des Produktes im Kopfbereich des Beutels, der sich bei längerer Lagerung auch weiter in das Produkt vorarbeiten kann. Dieser Umstand tritt besonders bei Produkten mit Anteilen von Apfel und Karotten auf. Einige Hersteller versuchen diesen Effekt mit innen liegenden Alu-Membranen zu lösen, was aber zur Komplexität und Verteuerung beiträgt. Es gibt allerdings Hinweise auf die Entwicklung der Einbringung einer Barriere in den Ausgießer. Solch eine Lösung würde dem Beutel für eine Reihe von Produkten gut zu Gesicht stehen.
    4. Das Einbringen eines stabilen Ausgießers in eine flexible Packung war stets eine Herausforderung, die bis heute zu beobachten ist. Dies schlägt sich in Leckagen, schlechter Qualität, aber vorwiegend in Leistungsminderung eines Systems nieder. Auch hier sind Entwicklungen vorangeschritten, um Leistungssteigerung und Qualitätsverbesserung zu vereinen. Hierbei ist das Schweißverfahren mittels Ultraschall inzwischen soweit vorangetrieben worden, dass integrierte Systeme für Bereiche bis 250 Beutel/Minute erreichbar zu sein.
    5. Schlussendlich ist es bis heute noch nicht final gelungen, eine validierte Anlage zum aseptischen Verarbeiten eines Beutels mit Ausgießer zu finden, die mit ansprechenden Leistungen aufwarten kann. Zwar gab und gibt es immer wieder Hersteller, die davon berichteten, allerdings haben sowohl Wild und Bosch als auch Guala ihre Ankündigungen noch nicht bewahrheiten können.

    Diese 5 Punkte scheinen mir aber zumindest in Stufen und in einigen Teilen auch kurzfristig erreichbar zu sein, was dem Beutel weiter auf seinem Erfolgsweg helfen wird.

    Alle Abbildungen vom Autor erstellt

    Weitere Informationen

    Gern bieten wir Ihnen weitere Informationen zu dem Thema, z.B. in Form eines Innoform-Seminars oder Tagung an. Diese finden Sie hier:
    http://www.innoform-coaching.de/pages/event/event_list.php?interest=16

    Über die Website von InnoNET können Sie Fragen auch direkt an den Autor per E-Mail richten:
    http://www.innonet-partners.eu/berater_show.php?user_id=5214