Schlagwort: Restentleerbarkeit

  • Referenteninterview:  Immo Sander über nachhaltige und recyclingfähige Verpackungskonzepte bei Werner & Mertz

    Referenteninterview: Immo Sander über nachhaltige und recyclingfähige Verpackungskonzepte bei Werner & Mertz

    Nach einer mehrjährigen Tätigkeit als Maschinen- und Anlagenmonteur bei verschiedenen Firmen studierte Herr Immo Sander  Verpackungstechnik/Drucktechnik an der Hochschule für Wirtschaft, Technik und Kultur Leipzig (FH).  Als Verpackungsentwickler arbeitete er bei Unilever, Plantic Technologies und der Unternehmensgruppe Theo Müller. Seit 2011 ist er Leiter der Verpackungsentwicklung bei Werner & Mertz GmbH.

    Auf der 6. Europäischen Standbeuteltagung am 11./12. September 2018 referiert er über “Nachhaltige und recyclingfähige Verpackungskonzepte als strategisches Marketing- und Unternehmensziel”.

    Sie tragen auf der 6. Standbeutelkonferenz von Innoform vor. Was ist die Kernaussage Ihres Beitrages?

    Wir möchten die Ergebnisse aus einem langjährigen Entwicklungsprojekt vorstellen und aufzeigen, dass es auf dieser Entwicklungsplattform mit Partnern wie der Fa. Mondi Consumer Packaging GmbH, dem Grünen Punkt und EPEA Switzerland (Cradle-to-Cradle®) gelungen ist, ein wirklich nachhaltiges und recyclingfähiges Konzept für den Standbodenbeutel zu entwickeln.

    Welche Zuhörerschaft wünschen Sie sich und warum?

    Um den neuen Marktstandard zu etablieren und weiter zu entwickeln, benötigen „Mitmacher“ aus verschiedenen Bereichen der FMCG-Industrie.

    Wie schätzen Sie insgesamt die Entwicklung des Standbodenbeutels (SUP) bezogen auf Ihr Tätigkeitsgebiet ein?

    Der SUP hat eine große Bedeutung für die Zukunft. SUP’s werden zunehmend als Primärpackmittel und für Nachfüllkonzepte angeboten werden.

    W&M hat sich das Thema Verpackungen und Nachhaltigkeit vorgenommen. Worin sehen Sie den größten Nutzen für Ihr Unternehmen und die Kundschaft insgesamt?

    Der Waschmittelbeutel hat sich sehr gut als Primärpackmittel bei unseren Kunden durchgesetzt und ist mit seiner „weichen“ Haptik, einer sehr guten Restentleerbarkeit und geringem Einsatzgewicht sehr beliebt.

    Worin sehen Sie die Gründe für das stetige Wachstum des Standbeutelmarktes?

    Keine Antwort.

    Wie ordnen Sie den Standbeutel bezogen auf die Forderung nach Kreislaufwirtschaft ein?

    Aktuelle Standards für SUP’s aus mehrlagigen Kunststoff-Verbunden erfüllen nicht die Voraussetzung für ein einfaches, kostengünstiges mechanisches Recycling. Verschiedene Kunststoffe und auch Haftvermittler verhindern ein sortenreines und vor allem einfaches Recycling. Genau deshalb streben wir mit unserem Konzept einen neuen Standard an. Zudem muss die Kennzeichnung von mehrlagigen Verbundaufbauten für den Konsumenten klarer und eindeutiger werden.

    Welches Standbeutelkonzept hat Sie ganz besonders beeindruckt?

    Unsere gemeinsame Neuentwicklung.

    Was empfehlen Sie einem Markeninhaber, der mit Pouches starten möchte?

    Sich alle Stufen der Prozesskette genau anzuschauen – von der Folienherstellung bis hin zur Sortierung und dem mechanischen Recycling. Der Erkenntnisgewinn für die Einordnung des SUP-Konzeptes wird enorm sein!

    Und dann noch eine private Frage: Was begeistert Sie außerhalb Ihrer beruflichen Tätigkeit?

    Menschliche Vernunft und der Anspruch auf Vollständigkeit bei dem Umgang mit Wissen!

     

     

     

  • Herr Dr. Helmut Spoo über umwelt- und umfeldgerechte Kunststoffverpackungen

    Herr Dr. Helmut Spoo über umwelt- und umfeldgerechte Kunststoffverpackungen

    Herr Dr. Helmut Spoo studierte Bergbau an der RWTH Aachen und der TU Clausthal. Er war Doktorand im Forschungszentrum Jülich und promovierte an der RWTH Aachen im Bereich Abfallwirtschaft und Recycling zum Dr.-Ing. mit dem Thema “Untersuchungen zur Verwertung und Deponierung von Steinkohlenaschen und Rauchgasreinigungsrückständen”.

    Nach einer mehrjährigen Tätigkeit in den Bereichen Abfall/Recycling, Arbeitsschutz/Gefahrstoffe sowie als Auditor von Qualitätsmanagementsystemen bei einem Technischen Überwachungsverein ist Herr Dr. Spoo seit 1995 als selbstständiger Berater, Gutachter und Referent tätig.

    Herr Dr. Spoo ist Spezialist für Rohstoffgewinnung, Rohstoffaufbereitung und Vermarktung und beschäftigt sich in diesem Bereich intensiv mit innovativen und hochwertigen Verwertungsverfahren und Rücknahmesystemen sowie Ressourcen- und Energieeffizienz.

    Die Tagungsüberschrift: Umwelt- und umfeldgerechte Kunststoffverpackungen beschreibt den Spannungsbogen zwischen Marketing-, Konsumenten- und Umweltanforderungen. Wie sehen Sie insgesamt, abgesehen von Ihrem Vortragsthema, die Rolle der Verpackung im gesellschaftlichen Umfeld? Verpacken wir richtig?

    Verpackungen sind zum Schutz des Füllgutes unverzichtbar. Es wird aber zu viel und vielfach auch unnötig verpackt. Das ärgert den Verbraucher, wie die jüngst publizierte Untersuchung der Verbraucherzentrale NRW gezeigt hat. Der “Schuss” geht für die Verpackungshersteller nach hinten los. So viel Marketing kann gar nicht gemacht werden, um verprellte Kunden wieder zurückzugewinnen. Mittlerweile geht es auch ohne Verpackungen, wie das Projekt „Unverpackt“  am Beispiel Laserkennzeichnung von Bio-Lebensmitteln zeigt.
    Viele Verpackungen sind auch nicht optimal konstruiert. Dies haben eigene Untersuchungen bezüglich der Restentleerbarkeit, d. h. der Entnahme des Füllgutes, gezeigt.

    Für flexible Verpackungen sollte unbedingt ein praktikables Rücknahmesystem aufgebaut und eingerichtet werden, damit diese „High-Tech“-Verpackungen nicht in der Verbrennung landen.

    Mit Ihrem Thema „Circular Economy, die EU-Strategie zur Förderung der Kreislaufwirtschaft“ leisten Sie einen inhaltlich sehr gut passenden Beitrag. Was genau werden Ihre Kernaussagen sein?

    Wir brauchen neben der Energiewende eine Rohstoffwende. Ziel der  “Circular Economy-Strategie”  ist die Förderung  des Recyclings, genau genommen des hochwertigen Recyclings. Quoten allein sagen noch nichts aus. Die Qualität des Recyclings und die Qualität der zurückgewonnenen Sekundärrohstoffe sind von entscheidender Bedeutung, wenn Verwertungskreisläufe auf hohem Niveau geschlossen werden sollen. Die Verbrennung ist die niedrigste Stufe der „Verwertung“, aber letztendlich Rohstoffvernichtung, und sie trägt durch die CO2-Emissionen zur globalen Erwärmung bei. Die Deponierung will die EU in den nächsten Jahren verbieten. Deponieren ist meines Erachtens Verstecken von Rohstoffen und Ausdruck unterlassener Verwertungsbemühungen.

    Über Nachhaltigkeit und Rohstoff-/Ressourceneffizienz wird viel geredet, aber nur wenig tatsächlich getan. Nur eine geringe Anzahl von Unternehmen setzt das wirklich konsequent um. Es herrscht vielfach noch die Denke vor, es wird noch eine ganze Weile so weitergehen wie bisher. Rohstoffe seien noch genügend vorhanden. Dem ist nicht so. Außerdem ist die Verfügbarkeit ungewiss. An den Rohstoffmärkten  sind bereits erhebliche Veränderungen im Gange.

    Medien und auch die öffentliche Meinung tendieren in jüngerer Vergangenheit eher zu Negativ-Darstellungen von Verpackungen insgesamt. Neben Umweltrisiken werden auch immer wieder Gesundheitsrisiken bemängelt. Wie schätzen Sie das Aufwand-Nutzen-Verhältnis von Verpackungen allgemein und von Kunststoffverpackungen insbesondere ein?

    Verpackungen haben eine wichtige Funktion. Neben den Umweltanforderungen muss auch der gesamte Bereich Chemikalienrecht (z. B. REACH oder die POP-Verordnung)  im Blick sein. Die Beispiele Mikroplastik und HBCD-haltige Polystyrolabfälle zeigen – auch wenn es sich hier nicht um Verpackungen handelt – dass eine vernetzte Denkweise wichtig ist, denn Chemikalienrecht hat Vorrang vor dem Kreislaufwirtschaftsrecht. Bei Lebensmittelverpackungen spielt die Schadstoffproblematik eine besonders wichtige Rolle. Diese Thematik ist beim Recyclingprozess zu beachten.

    Wo sehen Sie die Schlüsselstellen für das Gelingen eines echten Kreislaufwirtschaftens?

    Am wichtigsten ist, dass Produkte so konzipiert werden, dass sie kreislauffähig sind. Hier herrscht vielfach noch lineares Denken in den Unternehmen vor.

    Die Herstellung kreislauffähiger Produkte ist eine Querschnittsaufgabe im Unternehmen. Hier müssen alle an einem Strang ziehen. Das gilt auch für den Einkauf, das Marketing und den Vertrieb.

    Voraussetzung für ein wirtschaftliches Recycling ist eine effiziente Erfassungslogistik und die Information des Verbrauchers. Das Ganze muss einfach und bequem sein (Convenience auch in der Retourlogistik). Ferner ist ein intensiver Dialog innerhalb der gesamten Recyclingkette bis hin zum Endverwerter erforderlich. Wir benötigen zudem als Pendant zur globalen Primärrohstoffgewinnung eine globale Kreislaufwirtschaft mit entsprechenden Qualitätskriterien.

    Folienverpackungen werden als Minimalverpackung bezeichnet. Doch in einem Punkt sind sich viele einig – das Recycling ist schwierig und belastet die Ökobilanz der Folie. Wie schätzen Sie diesen Nachteil im Vergleich zu Mehrweg- oder Pfandsystemen ein, wie es uns die Flaschenindustrie vormacht?

    Ich glaube nicht, dass das Recycling schwierig ist. Man muss es nur wollen. Recycling ist nicht gleich Recycling. Ich bin ein Verfechter des hochwertigen Recyclings, also der stofflichen Verwertung, und zwar auf hohem Niveau. Hier ist Spezialwissen gefragt. Ich entwickele High-Tech-Recyclingverfahren unter Einsatz modernster Identifikations- und Sortiertechnik. Downcycling hat keine Chance mehr am Markt. Verbrennen ist kein Beitrag zum Ressourcenschutz und läuft auch den Bemühungen zum Klimaschutz zuwider.

    Und was die Ökobilanz angeht – es ist immer eine Frage der Bilanzgrenzen. Wenn man die Umweltauswirkungen der Primärrohstoffgewinnung monetär bewerten und in die Produkte einpreisen würde, hätte das Recycling eindeutige Vorteile. Diese Betrachtungsweise wird sehr bald kommen.

    Achten Sie auf eine optimale Verpackung, wenn Sie privat einkaufen? Wählen Sie Produkte bewusst oder unbewusst nach der Verpackung und nicht nur nach dem Inhalt aus? Und wie wichtig stufen Sie als Verbraucher und Fachmann das Image eines Packmittels im Vergleich zu alternativen Packmitteln ein?

    Da ich mich beruflich seit Jahren intensiv u. a. mit Verpackungen beschäftige und ich 1998 auch als Gutachter an der Novelle der Verpackungsverordnung (Grüne-Punkt-Fähigkeit von Gefahrstoffverpackungen) beteiligt war, achte ich natürlich auch privat auf optimierte Verpackungen. Die findet man leider selten im Regal. Dennoch gibt es sie. Ich habe eine Prüfmethode und ein patentiertes Prüfgerät zur Untersuchung der Restentleerbarkeit von Verpackungen (z. B. Kanistern) entwickelt und in Zusammenarbeit mit Verpackungsherstellern deren Verpackungen geprüft und auf freiwilliger Basis zertifiziert. Hier lässt sich oftmals mit einfachen Mitteln eine Verbesserung erzielen. Funktionalität, optisches Erscheinungsbild und Anforderungen des Umweltschutzes sind keineswegs Widersprüche.

    Eines Ihrer Lieblingsthemen ist Ressourcen- und Energieeffizienz. Leben Sie das auch privat, wie setzen Sie das um?

    Wer sich mit Rohstoffen, mit Ressourcen- und Energieeffizienz beruflich beschäftigt, sollte sich auch privat diesem Thema widmen, um glaubwürdig zu sein.

    So weit wie möglich achte ich daher darauf. Leider kommen viele Hersteller noch nicht ihrer Produktverantwortung nach. Viele Produkte sind nicht kreislauffähig gestaltet bzw. es fehlen Rücknahmeangebote nach Gebrauch.

    Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Was begeistert Sie außerhalb ihres Berufes?

    Ich bin seit meinem neunten Lebensjahr begeisterter Hobbymusiker. Spiele u. a. Keyboard, Saxophon und noch andere Instrumente und habe in verschiedenen Bands gespielt.

    Ich tanze auch sehr gern, bin gern in der Natur und liebe Kurzreisen, um Land und Leute kennenzulernen.